Ein Platz voll Leben und Geschichte

Seiten


Berolina muss weichen
1927 begannen die Tiefbauarbeiten für die bis zu 15 Meter tief gründenden Tunnelbauwerke des neuen U-Bahnhofs. Der auch stadtplanerisch angestrebte Abriss vieler alter – bis dahin den Platz prägender – Bauten war nun unausweichlich wie auch die Umleitung der Straßenbahnen an den Baustellen vorbei über Alternativrouten. Zugleich musste die seit 1896 am Platz stehende kupferne »Berolina«-Statue weichen und wurde ausgelagert. Ende 1933 kehrte sie zurück an den Platz (ein Propaganda-Akt des nationalsozialistischen Stadtrates Johannes Engel), wandert 1944 aber schließlich als Beitrag für den »Endsieg« in den Schmelzofen.

Am 18. April 1930 nahmen die Linie D (heute U8) und am 21. Dezember 1930 die Linie E (heute U5) im Bereich des Alexanderplatzes ihren Betrieb auf. Die Arbeiten an der Oberfläche und den Zugangsbauwerken zogen sich noch bis 1932 hin. Erwähnenswert ist auch, dass eine Ebene höher auf dem Stadtbahnviadukt ein gewaltiger Modernisierungsschub stattfand: die Stadt,- Ring- und Vorortbahn (ab 1930 bekannt als »S-Bahn«) nahm hier am 11. Juni 1928 den elektrischen Betrieb mit modernen Triebwagenzügen auf und löste die dampfbespannten Abteilwagenzüge ab.

Und auch der Obus fährt hier
Im März 1951 endete der Straßenbahnbetrieb durch die Rathausstraße, so dass der Platz jetzt nur noch in Nordwest-Südost-Richtung mit den östlich ein- und auslaufenden jeweils eingleisigen Zu- und Abbringerstrecken befahren wurde. In den 1950er-Jahren kam ein weiteres Verkehrsmittel am Alex hinzu. Der im Osten Berlins am 1. August 1951 neu eingerichtete Obusbetrieb berührte ab 29. April 1954 mit der Ringlinie O30 den Platz.

Sowohl Obus als auch Straßenbahn sollten aber dem Zeitgeist folgend hier bald verbannt werden. Anfang der 1960er-Jahre konkretisierten sich Pläne zur radikalen Umgestaltung des Ostberliner Stadtzentrums. Zum einen folgten die Planer und ihre Auftraggeber den allgemeinen Nachkriegstendenzen zur autogerechten Stadt, also breiten Verkehrsschneisen sowie zum Bau von Wohn- und Verwaltungsgebäuden in die Höhe, allerdings mit viel Freiflächen zwischen den Häusern, »Licht und Luft« verheißend. Der ÖPNV sollte auf S- und U-Bahn sowie Bus reduziert werden.

Ein Zentrum für die sozialistische Hauptstadt
In der ersten Hälfte der 1960er-Jahre fanden mehrere Architektur-Wettbewerbe zur Neugestaltung des Platzes statt. Dass die Straßenbahn weg sollte, war absehbar; die Optionen zur Gestaltung des Platzes blieben aber noch offen. Relativ früh kristallisierte sich ein Raster aus mehrspurigen Straßen heraus, das mit dem bisherigen Stadtgrundriss nur noch wenig zu tun hatte.

Die sternförmig auf den Platz zulaufenden Straßen wichen einem rechtwinkligen Raster. Die Landsberger Allee (nun Leninallee) führte damit nicht mehr zum Alexanderplatz, sondern über die neu zu bauende Mollstraße zur Wilhelm-Pieck-Straße (ehemals und heute wieder Torstraße). Dafür verlängerte man die bislang am Strausberger Platz endende Karl-Marx-Allee direkt auf den Alex. Hinzu kam ein Straßentunnel im Zuge der Grunerstraße, der in erster Linie der verzögerungsfreien Fahrt der Staatslimousinen auf der Protokollstrecke von Wandlitz zu den Regierungsgebäuden im Stadtinnern zugedacht war.

Die Straßenbahn sollte schrittweise entsprechend dem Baufortschritt entfallen. Noch 1966 veröffentlichte eine Fachzeitschrift einen Übersichtsplan mit der »vorläufigen« Führung der Straßenbahnlinien im Zeitraum bis 1975. Eine verbleibende Strecke sollte von der Alexanderstraße kommend über den Alex weiter zur Greifswalder Straße führen und erst durch die erneut geplante U-Bahn nach Weißensee abgelöst werden.

Seiten

Tags: 
Weitere Themen aus dieser Rubrik

Der Mensch als Fehlerquelle?

"Ich war doch nur ganz kurz abgelenkt“, zitieren zahlreiche Unfallprotokolle in ganz Deutschland die Fahrer von Stadt- und... weiter

Freiburg vor dem Generationswechsel - Gnadenfrist für die letzten sechs GT8K bis 2017

Die VAG in Freiburg bekommt gerade sechs Niederflurwagen von CAF geliefert – trotzdem mustert sie die letzten sechs hochflurigen GT8K nicht aus. Sie m&... weiter

Wirklich sicher?

Hat er seinen Tod fahrlässig in Kaufgenommen? Noch immer ermittelt die Dortmunder Staatsanwaltschaft, wieso am Pfingstwochenende ein 20-Jähriger zwischen zwei als...

weiter

Das könnte Sie auch interessieren