Unsere Frage des Monats aus Heft 09/15

Der Mensch als Fehlerquelle?

"Ich war doch nur ganz kurz abgelenkt“, zitieren zahlreiche Unfallprotokolle in ganz Deutschland die Fahrer von Stadt- und Straßenbahnwagen. Diese Unfallursache soll jetzt bald der Vergangenheit angehören - mit einem Assistenzsystem zur Verhinderungen von Kollisionen. Dieses wurde nun in Frankfurt am Main eingeführt.
 

Die Verkehrsgesellschaft Frankfurt VGF darf seit Ende Juni in ihren Fahrzeugen sogenannte Kollisionswarner einsetzen. Diese sollen den Fahrer rechtzeitig vor Kollisionen warnen, Aktuell gibt es zwar nur den im Tw 272 eingebauten Prototyp, aber bis Ende 2016 will das Unternehmen alle 74 neuen Straßenbahnwagen des Typs „S“ mit der Sicherheitstechnik ausgerüstet haben.

Technisch möglich macht die automatischen Notbremsungen und die Kollisionswarnungen ein Assistenzsystem, welches bei Straßenbahnen als Weltneuheit gilt. Dabei sind drei Kameras aus der Fahrerkabine auf das Gleis vor dem Fahrzeug gerichtet. Sie erfassen alles, was sich bis zu einer Entfernung von 60 Metern vor dem Wagen abspielt. Liegt ein Ast auf dem Gleis, hält ein Auto oder bleibt ein Mensch zwischen den Schienen stehen, ertönt zuerst ein Warnton.

Bleibt das Objekt oder die Person im Gleis, dann bremst die Tram von alleine ab. Umgesetzt wird dies durch das automatische Öffnen der SIFA-Schleife. Das von Bombardier und dem Austrian Institut of Technology (AIT) entwickelte Assistenzsystem hilft aber natürlich auch, Zusammenstöße mit anderen Straßenbahnwagen zu verhindern.

Im März 2013 hatte es bei einem Auffahrunfall an einer Haltestelle in Frankfurt 22 verletze Fahrgäste gegeben. Solche Kollisionen sind nun erschwert. Perspektivisch will die VGF übrigens auch die U-Bahn-Wagen vom Typ U5 mit dem Assistenzsystem nachrüsten. Doch die Technik nimmt niemanden aus der Verantwortung, ist dem Verkehrsbetrieb klar.

Der Fahrer müsse weiterhin auf Sicht fahren und achtsam sein. Kein Fußgänger dürfe in der trügerischen Gewissheit über die Gleise laufen, dass die Straßenbahnwagen in jedem Fall automatisch bremsen.

Und genau darin sehen Skeptiker auch eine Gefahr. Denn von jeder Notbremsung geht eine Gefährdung der Fahrgäste aus – nimmt die Zahl der Vollbremsungen durch so einer Automatik spürbar zu, leidet der Reisekomfort und werden sich Verletzungen in den Trams häufen.

Denn bei allem Technikvertrauen – auch ich würde mich lieber auf den Erfahrungsschatz eines Straßenbahnfahrers verlassen, ob das Gleis in einer Gefahrensituation nicht doch noch rechtzeitig frei wird. Die Kameras sehen nur das, was ihre Sensoren erfassen – das Auge eines Fahrers ist mit seinem Gehirn verbunden.

Aber wie denken Sie, liebe Leser, über diese Thematik? Haben Sie womöglich als Fahrer oder Fahrgast in Frankfurt bereits Erfahrungen im Tw 272 gesammelt?

Unsere Frage des Monats:

Was halten Sie von dem in Frankfurt am Main eingeführten Assistenzsystem zur Verhinderungen von Kollisionen?

Schreiben Sie uns Ihren Standpunkt per E-Mail an: redaktion@strassenbahn-magazin.de. Die interessantesten Zuschriften veröffentlichen wir in der nächsten Ausgabe oder hier an dieser Stelle.

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