Ein Bericht über die Vorbereitungen

Erlebnis N8C-Sonderfahrt in Kassel - Ein Tag im Zeichen der letzten Klassiker

Mit hochgerissenen Armen empfingen Tramfreunde am 9. Mai 2015 zwei N8C zu einer Sonderfahrt der besonderen Art. Ein Wagen trug dabei sogar das Zielschild "Herkules"! Veranstalter Dietrich Meier berichtet exklusiv über Vorbereitung und Ablauf.
 

Als im Sommer 2014 der Abtransport von Stadtbahnwagen des Typs N nach Danzig begann, kam ich mit einem Freund auf den Gedanken, eine Sonderfahrt mit N8C zu organisieren.

Fotos hatten wir schon fleißig gemacht, aber nun war der Einsatz der verbliebenen Fahrzeuge inzwischen so selten, dass sich kaum noch eine Gelegenheit zum Mitfahren fand. Darum planten wir für den 9. Mai 2015 eine Sonderfahrt.

Ab Anfang Oktober 2014 konnten sich an einer Teilnahme interessierte Straßenbahnfreunde dafür anmelden. Für die Buchung dieser Fahrt bei der KVG hatte ich überlegt, welcher der sechs verbliebenen N-Wagen zum Einsatz kommen könnte.

Ich entschied mich für den roten Tw 419. Mit der Bestellung dieser „Sparkassenbahn“ wollte ich der Sonderfahrt einen weltoffenen Charakter geben – gab und gibt es ähnliche Ganzreklamen doch bei vielen Straßenbahnbetrieben.

Teilnehmerzahl rasch erreicht

Die Mindestteilnehmerzahl war schon nach wenigen Tagen erreicht. Also musste ich einen zweiten Triebwagen nachbestellen. Dieses Mal blau.

Für einige Turbulenzen sorgte Anfang Mai 2015 der achte Streik bei der Deutschen Bahn AG. Dieser verhinderte bei mehreren angemeldeten Straßenbahnfreunden die Teilnahme.

Trotzdem kamen immer noch 120 Interessierte aus dem ganzen Land und dem europäischen Ausland zusammen – zum Beispiel aus Dänemark oder Polen.

Am Veranstaltungstag händigte ich ab 10 Uhr vor dem Bahnhof Kassel Wilhelmshöhe den eintrudelnden Fahrgästen nachgedruckte Fahrkarten aus den späten 1970er-Jahren aus.

Im Jahr 1979 gab es nämlich in Kassel mit dem Tw 111 der Dortmunder Stadtwerke (DSW) den ersten Einsatz eines Stadtbahnwagens N in Kassel.

Dieser gefiel der Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) und ihren Kunden so gut, dass der Verkehrsbetrieb bei der Düwag 22 Exemplare bestellte, die 1981 und 1986 in Kassel eintrafen.

Mit flatterndem Fahrplan

Als am 9. Mai 2015 die N8C-Triebwagen 419 (rot) und 418 (blau) um 11 Uhr am Bahnhof Wilhelmshöhe vorfuhren, wurden sie mit einem großen Hallo begrüßt: Die Fahrgäste rissen ihre Arme nach oben, womit sie nicht wenige Passanten irritierten.

Hatte der Wetterdienst für den 9. Mai Schauer angesagt, so schickte Petrus letztendlich doch Sonnenschein nach Kassel. Und als die Triebwagen dann losfuhren, öffneten die Fahrer die Schiebefenster, so dass der Fahrplan am Klemmbrett im Führerstand im Fahrtwindflatterte.

Gezielt steuerten die Wagen nun diejenigen Streckenabschnitte im Kasseler Netz an, die linienmäßig nicht befahren werden.

Dazu zählten die Kattenstraße an der Stadthalle, der verbliebene Teil der Strecke vom Lutherplatz nach Rothenditmold, die Blockumfahrung am Hauptbahnhof, die alte Strecke zum VW-Werk sowie die Schleife und die Regiotram-Kehranlage am Auestadion.

An der zuletzt genannten Station wechselten unsere Sonderfahrtwagen die Fahrtrichtung – wobei die Kasseler N8C-Triebwagen immer als echte Zweirichtungstriebwagen vorgehaltenworden sind.

Anfahrt in 8-Prozent-Steigung

Ungewöhnliche Bestandteile unserer Sonderfahrtwaren eine Rundfahrt durch den Betriebhof Sandershäuser Straße und eine Berganfahrt bei acht Prozent Steigung.

Man möchte meinen, hier wird nun berichtet, wie Stahl auf Stahl knirschte, wie die Sandstreuer ansprangen und wie die Wagen dann ruckelten. Aber nichts dergleichen passierte: Die N8C summten ihr Lied und fuhren die Berge rauf und runter, als würden sie durchs flache Land rollen.

Die KVG hatte für die Sonderfahrt übrigens nicht nur eine Reiseleiter- Mikrofonanlage eingerichtet, mit der die Fahrgäste in Tw 419 gut informiert werden konnten, sondern auch zwei straßenbahnbegeisterte Fahrer auserkoren.

Diese beantworteten freundlich alle Fragen der Fahrgäste und gingen mit einer Engelsgeduld auf deren Sonderwünsche ein. Spontan richteten sie neue Ausstiegspunkte und Wiederaufsammelpunkte für die Fotografen und Filmer unter den Fahrgästen ein.

So erhielten die Mitreisenden diverse Optionen, wie sie selbst die N8C Sonderfahrt für sich mitgestalten konnten - das gefiel.

Zielschild der Linie 3 „Herkules“ …

Am Ende der Sonderfahrt gab es als Zugabe noch eine Fahrt ins Druseltal. Dort wurden auf Wunsch der Fahrgäste diverse Zielbeschilderungen zum Fotografieren angezeigt.

Das Zielschild „3 Herkules“ durfte dabei nicht fehlen, auch wenn es bis zu diesem Ziel noch ein harter Weg sein kann.

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Fotos: 
Birgit Willikonsky, Dietrich Meier, Ulrich Machal, TEXT und FOTOS: Dietrich Meier
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