Vom Rückgrat zum ­Auslaufmodell

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Am 22. März wurde der Abschnitt Wendemuthstraße – Hellbrook der Linie 5 eingestellt. Da der Endpunkt Hellbrook über keine Kehrschleife verfügte, konnten dort nur Altbau-Zweirichtungstriebwagen verkehren. Ursprüngliche Planungen zum Bau einer Verlängerung der Strecke mit einem Anschluss in der Owiesenstraße an die damalige Linie 9 oder dem Bau einer Kehrschleife wurden aufgegeben. Der teilweise eingleisige Streckenabschnitt entstand zwischen 1913 (Anschluss von Wandsbek Gartenstadt) und 1926 (Verlängerung zum Hellbrook). Ersatzweise wurde der stillgelegte Abschnitt von der Omibuslinie 65 bedient. Die zunächst noch auf der Reststrecke zwischen Eichtal (Wandsbek) und Langenfelde verkehrende Straßenbahnlinie 5 wurde schließlich zum 31. Dezember 1959 komplett aufgegeben; im Gegenzug wurden die größtenteils parallel verkehrenden Linien 3 und 16 verstärkt. Mit der Einstellung der Linie 5 fuhren aber zunächst keine Straßenbahnen mehr durch die Kaiser-Wilhelm-Straße.

Da das Ende der Straßenbahn nach einen Senatsentscheid aus dem Jahr 1958 bereits beschlossene Sache war, nutzte man in Hamburg oftmals anstehende Straßenbauarbeiten zur Einstellung von Straßenbahnstrecken – eine Erneuerung der Gleise wurde als nicht mehr sinnvoll empfunden. In Altona stellte man mit dieser Begründung mit Beginn des Sommerfahrplanes am 11. Mai 1959 den Straßenbahnbetrieb auf der Strecke vom Bahnhof Altona durch die Große Bergstraße zum Hamburger Berg in St.Pauli ein. Die bisher durch diese Straße verkehrenden Linien 6 und 7 wurden verkürzt bzw. umgeleitet. Die Linie 6 verkehrte fortan über den Abschnitt Palmaille – Landungsbrücken, die Linie 7 hingegen wurde bis St. Pauli verkürzt.

Einstellungen in Altona

Ebenfalls zu diesem Fahrplanwechsel stellte man die Linie 17, welche zwischen Altona und Langenfelde verkehrte, komplett ein und ersetzte sie durch die Omnibuslinie 85. Weiterhin verschmolzen auf Grund von Bauarbeiten am 11. Mai die Linien 11 (Lurup – Harburg), 12 (Bahrenfeld Volkspark – Rothenburgsort) und 13 (St. Pauli – Freihafen) zur Linie 11.
Die erwähnten Linien hatten übrigens erst wenige Monate zuvor eine Trasse über die Elbbrücken auf besonderen Bahnkörper erhalten (eröffnet am 22. Januar 1959), welche noch heute von den Bussen genutzt wird. Die Linie 11 verkehrte nun auf folgendem Linienweg: Bahrenfeld Trabrennbahn – Sievekingplatz – Lombardsbrücke – Hauptbahnhof – Harburg – Rönneburg.

Damit wurden die Endhaltestellen der Linie 12 im Volkspark und Rothenburgsort an der Zollvereinstraße nicht mehr im Linienbetrieb bedient. Während zum Volkspark noch Straßenbahnen bei Großveranstaltungen fuhren, wurde der Abschnitt in Rothenburgsort komplett eingestellt. Auch die nur von der Linie 13 bediente Trasse durch die Glacischaussee verlor im Rahmen der Linienzusammenlegung ihre reguläre Bedienung und wurde nur noch im Nachtverkehr von der Linie 11 befahren.

Trotz der zahlreichen Stilllegungen wurden 1959 aber auch noch einige Straßenbahnstrecken modernisiert. So fuhren ab dem 1. Oktober die Züge der Linie 11 im Stadtteil Hammerbrook über eine neu entstandene Straßenführung mit besonderem Bahnkörper durch die Amsinckstraße. Die vorher genutzte Streckenführung über Brandshofer Schleuse/Billhorner Röhrendamm wurde aufgegeben. Auch am ­Ber­liner Tor, am Rödingsmarkt sowie im ­Lokstedter Steindamm erhielten die Straßenbahngleise eine neue Trassierung.
Die erwähnten Einstellungen führten dazu, dass 1959 die Betriebsgleislänge der Straßenbahn nach ihrem Nachkriegshöchststand 1956 das dritte Jahr in Folge schrumpfte. Der rasche Rückbau des einst 389,6 km umfassenden Hamburger Straßenbahnnetzes war somit in vollem Gange, die Entwicklung seit 1938 kann der Tabelle entnommen werden.

Entwicklung des Wagenparks: Die »BOStrab« ruft!

Auch wenn der Straßenbahnbetrieb in Hamburg so zum Auslaufmodell wurde und die Beschaffung neuer Straßenbahnfahrzeuge nicht vorgesehen war, musste der vorhandene Fahrzeugpark modernisiert werden. Um die Anforderungen der am 1. Januar.1960 in Kraft gesetzten »BOStrab« (siehe SM 4/2009) erfüllen zu können, mussten die vorhandenen und weiterhin benötigten Altbaufahrzeuge mit Schienenbremsen, Sicherheitsglas und anderen Sicherungsvorrichtungen ausge­rüstet werden. Entsprechend wurden die letzten 70 noch nicht modernisierten Zweiachstriebwagen und ebenso viele zweiachsige Beiwagen umgerüstet.

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siehe Bildunterschrift
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