Wien: Gegen den Trend

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Den gleichen Effekt hätte eine Umstellung der stark frequentierten Radiallinie 48A (Dr.-Karl-Renner-Ring – Baumgartner Höhe), die mit bis zu 18 Gelenkbussen beschickt wird und ebenfalls in 3-Minuten-Abständen unterwegs ist. Dass die genannten Linien auch in den sogenannten »Schwachverkehrszeiten« gut frequentiert sind, beweist die Tatsache, dass die Busse sogar sonntags in 7,5-Minuten-Intervallen unterwegs sind.

Ein weiteres Projekt, das bereits seit den 1960er-Jahren existiert und zweifellos einen wesentlich größeren Nutzen als die Verlängerung von U-Bahnen in die Peripherie hätte, wäre die Verknüpfung der heute beim Schottentor endenden Straßenbahnlinien mit den im Bereich Oper/Schwarzenbergplatz ausgehenden Straßenbahnlinien mittels einer neu zu bauenden Tunnelstrecke unter dem Stadtzentrum. Vorarbeiten hierzu gab es schon vor knapp einem halben Jahrhundert, denn seit 1961 enden die aus den nordwestlichen Außenbezirken kommenden Straßenbahnlinien (heute: 37, 38, 40, 41, 42) in einer tiefgelegten Schleifenanlage (»Jonas-Reindl«), deren anschließende Fußgängerpassage bereits damals für einen etwaigen Weiterbau Richtung Stadtzentrum ausgelegt wurde.

Stiefkind Straßenbahn

Aber nicht nur der Ausbau des Straßenbahnnetzes, sondern auch der aktuelle Betrieb ist von Stagnation und sogar von Rückschritten geprägt. Während noch vor fünf Jahren 448 Züge für den Betrieb auf den damals vorhandenen 33 Straßenbahnlinien benötigt wurden, sind heute in Spitzenzeiten nur noch maximal 406 Garnituren auf 31 Linien unterwegs.

Der geringere Wagenbedarf ist aber nur zur Hälfte auf die Einstellung der Linien 21 (U2-Verlängerung bis Stadion) und 25 (U1-Verlängerung bis Leopoldau) zurückzuführen, denn es wurden auch mehrere HVZ-Verstärker gestrichen (z. B. auf den Linien 38, 42, 43 und 60) und die Umstellung der Linien O und 62 auf größere Zugeinheiten (E1 + c3,4 bzw. E2 + c5 statt E1 bzw. E2 solo) nahmen die Wiener Linien zum Anlass für die Dehnung der Intervalle. Auch kann bereits bei mehreren Linien eine fehlende Intervallverdichtung in der Nachmittagsspitze beobachtet werden, ein Umstand, der weitere Einsparungen an Personal(-kosten) und Zugkilometern mit sich bringt. Auf mehreren Linien wurden außerdem im Zuge der teilweisen Umstellung auf Niederflurbetrieb 35 m lange E1 + c3,4-Züge durch nur 24 m lange A bzw. A1 ersetzt, ohne dass es dabei zu Intervallverdichtungen kam. Speziell auf den Linien J, 46, 52, 58 und 65 kann man daher öfters überfüllte Niederflurwagen beobachten. Die Freude der Fahrgäste über die Umstellung auf modernes Wagenmaterial hält sich somit in Grenzen.

Noch immer Sorgen mit den ULFs

Auch mit der Verfügbarkeit der Niederflurwagen steht es nach wie vor nicht zum besten: Die noch gar nicht so lange zurückliegenden Zeiten, in denen nur 65 Prozent der Wagen einsatzbereit waren, scheinen zwar überwunden, aber dennoch müssen auch heute noch oft bis zu 15 Niederflurwagen durch älteres Wagenmaterial ersetzt werden. Nach wie vor sind die Niederflurkurse auch nicht in den Fahrplänen gekennzeichnet, seit Sommer 2007 besteht aber zumindest die Möglichkeit, sich via Internet oder SMS über die aktuellen Fahrzeiten informieren zu lassen.

Bei dieser Art der Fahrplanauskunft, die über das RBL (rechnergestütztes Betriebsleitsystem) gespeist wird, erscheint bei den mit Niederflurwagen geführten Kursen das Rollstuhlsymbol. Seit Dezember 2007 kann man auch bei den an zahlreichen Haltestellen montierten Anzeigern der »dynamischen Fahrgastinformation« die Anzahl der Minuten bis zur Abfahrt des nächsten Niederflurwagens ablesen. Handelt es sich dabei nicht um den nächstfolgenden Kurs, so wird abwechselnd die Wartezeit auf den nächsten Kurs sowie die Wartezeit auf den nächsten Niederflurkurs (blinkendes Rollstuhlsymbol) angezeigt. Diese Wartezeit kann aber oft recht lange sein, denn nach wie vor achten die Wiener Linien nicht auf die gleichmäßige Verteilung der Niederflurwagen auf den einzelnen Linien. So kann es bei längeren Linien wie der Linie D (17 Züge, davon 5 Niederflurwagen, Intervall 6 Minuten, Umlaufzeit 100 Minuten) durchaus vorkommen, dass zwei aufeinanderfolgende Kurse mit Niederflurwagen beschickt werden und die Wartezeit auf den nächsten ULF dann 54 Minuten beträgt!

Ein Drittel Niederfluwagen und viele (Teil-) ULF-Linien

Der Wagenbestand der Straßenbahn setzte sich zu 32 Prozent aus Niederflurwagen des Typs ULF der Baujahre 1996 – 2007 (51 A, 11 A1 und 101 B) und zu 68 Prozent aus sechsachsigen Gelenkwagen der Baujahre 1967 – 1991 (237 E1 und 121 E2) zusammen, ergänzt durch 278 vierachsige Großraumbeiwagen der Typen c3, c4 und c5.

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