Von der Dampfkleinbahn zum Diplomatenexpress
Die Anfangsjahre
Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts bescherte auch der Stadt Bonn ein rasantes Wachstum. Lebten hier 1834 erst 12.500 Menschen, waren es 1890 bereits knapp 40.000. Auch die umliegenden Orte wuchsen stark. Die daraus resultierende Verkehrsnachfrage sollte nach dem Willen der Bonner Stadtväter durch den Bau von Pferdebahnen in die unmittelbar angrenzenden Gemeinden befriedigt werden; zur Verbindung mit Godesberg und Mehlem erschien aufgrund der Entfernung aber eine Dampfkleinbahn sinnvoller.
Für beide Systeme erhielt 1891 die Berliner Bau- und Betriebsunternehmung Havestadt, Contag & Cie die Konzession. Gebaut wurde in Meterspur, da dies zum einen eine bessere Befahrbarkeit der engen Stadtstraßen versprach, zum anderen Ärger mit der preußischen Staatsbahn vermied, die in Normalspurbahnen stets eine Konkurrenz sah. Am 22. Mai 1892 ging die Dampfbahn zwischen der Endstation der im April des Vorjahres eröffneten Pferdebahn außerhalb der Innenstadt und Godesberg in Betrieb. Im Mai des Folgejahres wurde sie bis Mehlem verlängert und gemeinsam mit der Pferdebahn unter dem Namen »Bonner Straßenbahn« verwaltet und betrieben. Die zwölf Kilometer lange eingleisige Strecke mit Ausweichen verlief zumeist auf eigenem Bahnkörper, fünf Kilometer waren im Straßenplanum verlegt. 1897 wurde die Dampfbahn parallel der Eisenbahn bis in die Nähe des Bonner Bahnhofs verlängert. Eingesetzt wurden maximal acht zweiachsige Kastendampfloks, sowie neun zwei- und 20 vierachsige Beiwagen verschiedener Ausführungen, geliefert zwischen 1892 und 1897.
Ihr größtes Aufkommen verzeichnete die Bahn im Ausflugsverkehr an schönen Sonntagen, wenn in dichter Folge längere Zügen fahren mussten. Zu anderen Zeiten reichte oft eine stündliche Zugfolge aus. 1904 ging die Strecke in das Eigentum der Städte Bonn und Godesberg über, die für die Betriebsführung ein Jahr später die »Straßenbahn Bonn-Godesberg-Mehlem« gründeten. Nachdem 1902 die ersten elektrischen Straßenbahnen in Bonn verkehrten und 1906 die Rheinuferbahn als elektrische Schnellbahn zwischen Bonn und Köln ihren Betrieb aufnahm, forderten bald Stimmen, auch die Dampfbahn nach Mehlem durch das zeitgemäßere elektrische Verkehrsmittel abzulösen.
Die Planungen dazu zogen sich über mehrere Jahre hin. 1911 wurde die meterspurige Dampfbahn abschnittsweise eingestellt und danach die Strecke umgespurt, elektrifiziert und teilweise zweigleisig ausgebaut. Zwischen Bonn, Kaiserplatz und Rüngsdorf erfolgte die Aufnahme des Betriebes am 24. Juli 1911, am 4. Oktober war Mehlem, Rheinfähre und zehn Tage später die Endstation Mehlem, Ort erreicht. Im Verlauf der Coblenzer Straße wurden auf einem kurzen Stück die Gleise der Stadtstraßenbahn nach Gronau mitbenutzt. In Friesdorf entstand ein neuer Betriebsbahnhof für die elektrischen Fahrzeuge.
Das Godesberger »Schellenmännchen«
Die Streckenlänge betrug 10,1 Kilometer, davon waren 7,3 Kilometer zweigleisig und 2,8 Kilometer eingleisig.
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