Versenkt 1985

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Der Anfang vom Ende
Nahm die SL 4 nach dem Zweiten Weltkrieg als erste Linie am 20. Juli 1945 ihren Betrieb auf und beförderte noch 1963 bis zu 12.000 Fahrgäste pro Stunde (2) im Feierabendverkehr (3-Minuten-Takt), so war sie 1985 die letzte Straßenbahnlinie in Kiel. Die Ursachen für diese Entwicklung sind in den 1960er-Jahren zu finden und gipfelten schließlich in der am 21. Juli 1977 in der Kieler Ratsversammlung getroffenen Entscheidung – gemäß Empfehlung im Generalverkehrsplan – die Straßenbahn im Jahr 1985 durch Busse zu ersetzen.

Sämtliche Initiativen, die in den letzten Betriebsjahren – oder noch kurz vor der Einstellung des Betriebes – aufkamen, mussten somit scheitern, auch wenn die letzte Straßenbahnlinie 4 ein Viertel der Beförderungsleistungen in Kiel eingefahren hat. Der „Aktionskreis Nahverkehr im Bundesgebiet“ sprach sogar von „rund 30 Prozent“ (1).

Ein Rückblick 
Ab den 1950er-Jahren war die Kieler Straßenbahn rückblickend gut aufgestellt. Die bestehenden Strecken waren nach dem Zweiten Weltkrieg schnellstmöglich wieder in Betrieb genommen worden. Konsequent hatte man die Gelegenheit des Wiederaufbaus der Stadt genutzt, die Straßenbahn aus den engen Gassen herauszunehmen, mindestens die Gleislage in den Straßenflächen zu optimieren, bzw. bei neuen Strecken von der Fahrbahn unabhängige Gleiskörper zu verlegen. 

Ein Beispiel war die „Neue Straße“ heute Andreas-Gayk-Straße (Oberbürgermeister von 1946 bis 1954), der Berliner Platz/Wall und die Pfaffenstraße. Die Straßenbahn konnte aus der engen Holstenstraße herausgenommen werden und Kiel bekam durch diese Baumaßnahmen 1953 die erste Fußgängerzone Deutschlands.

Für den oberen Bereich der Holstenstraße kamen sogar Ideen auf, den Alten Markt für die Straßenbahn zu untertunneln, dass heißt, vom Wall kommend sollte die Straßenbahn in der Pfaffenstraße in den Tunnel weiter zum Alten Markt fahren („U-Bahn-Lösung“ (3)) und erst am Schloßgarten wieder auftauchen. Bei veranschlagten sechs Millionen DM Kosten blieb man in Kiel bei einer Gleisführung auf Straßenniveau für 300.000 DM. 

Die Neubaustrecken
In den 1950er-Jahren gingen außerdem mehrere Neubaustrecken in Betrieb. Die SL 1 fuhr ab dem 15. Juli 1950 von der Forstbaumschule weiter durch die Wik, der Feldstraße weiter nach Norden folgend, dann in die Adalbertstraße bis zur neuen Wendeschleife in der Herthastraße. Am anderen Ende der um 1.640 Meter auf 9,8 Kilometer Länge angewachsenen Verbindung in Schulensee gab es ab September 1952 eine zweigleisige Wendeschleife.

Ebenso verlegte der Verkehrsbetrieb 1951 in Gaarden die Straßenbahngleise aus der Kaiserstraße über die neu ausgebaute Werftstraße in die Elisabethstraße. Die Holtenauer Straße bekam 1953 zwischen Jungmannstraße und Lehmberg eine neue Gestaltung. Im gleichen Jahr bekam die Straßenbahn vor dem Bahnhof mehr Platz und auf dem Sophienblatt einen eigenen Gleiskörper. 

Bis Mitte der 1950er-Jahre stattete der Betrieb alle Endpunkte der Straßenbahn mit Wendeschleifen aus. Und das entgegen der schon damals vorherrschenden Meinung, dass die Straßenbahn – wie es sich in einigen Städten bereits abzeichnete – zum Auslaufmodell gehöre. Im Zuge der Verbreiterung der Gablenzbrücke 1957 sahen die Planungen überdies eine Neugestaltung der gesamten verkehrlichen Situation vor dem Betriebshof durch einen großen Verkehrskreisel vor.

In dem Kreisel befand sich ein großes Gleisdreieck für die ein- und ausrückenden Bahnen sowie eine großzügig angelegte Haltestelle, die am 1. April 1960 in Betrieb ging. Ab dem 26.

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