Stuttgart: Die einzige noch vorhandene Zahnradtram

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Zu dieser Zeit war allerdings schon unübersehbar, dass eine durchgreifende Modernisierung der altertümlichen Zahnradbahn nicht mehr lange aufzuschieben war. Trotz hoher Fahrgastzahlen und starker Unterstützung der Bahn durch die Wuppertaler Bevölkerung konnten sich die Wuppertaler Stadtwerke nicht zur Modernisierung entscheiden. Aus Kostengründen und im Zuge der bereits eingeleiteten Reduzierung des städtischen Schienennetzes ersetzten stattdessen am 4. Juli 1959 Obusse und Omnibusse auf deutlich längerer Streckenführung die Bahn. Der letzte Tag war noch einmal von deutlichen, zu dieser Zeit keineswegs üblichen Protestender Bevölkerung begleitet. Keiner der Wagen überlebte. Die Spuren der Bahn wurdenso schnell wie möglich beseitigt.

Laon und Langres

In Frankreich gab es in sowohl in Laon als auch in Langres elektrische Zahnradbahnen, die jeweils die Verbindung der hochgelegenen Innenstadt mit dem Bahnhof herstellten. Beide Bahnen wurden im Jahr 1971 eingestellt. Kleine elektrische Triebwagen pendelten auf den beiden Linien. Als Ersatz für die Zahnradbahn Laon fährt seit 1989 eine gummibereifte Standseilbahnauf nahezu gleicher Strecke.

Erinnerungen an Granada

Im spanischen Granada gab es bis in die siebziger Jahre ein ausgedehntes Straßen- und Überlandbahnnetz, das heute vollständig verschwunden ist. Die Erschließung der oberhalb der Altstadt gelegenen, prächtigen maurischen Festung Alhambra ließ den Bau einer einfachen Straßenbahnstrecke nicht zu. Man entschied sich daher zum Einbau einer knapp einen Kilometer langen Zahnradschiene, um die starke Steigung zu überwinden. Am 22.12.1907 ging diese Straßenbahnlinie in Betrieb. Normale zweiachsige Straßenbahnwagen mit offenen Plattformen wurden mit einem zusätzlichen Zahnradantrieb versehen und befuhren die Strecke.

Nachdem der Verkehr stark zurückgegangen war, wurde die Alhambra-Linie im Frühjahr 1944 zunächst eingestellt, im Juni jedoch für einige Tage wieder in Betrieb genommen. Eine Entgleisung am 17. Juni 1944 blieb zwar ohne gravierende Folgen, bedeutete aber schließlich das Ende der Zahnradstraßenbahn. Die beiden zuletzt eingesetzten Triebwagen 15 und 16 wurden nach Ausbau des Zahnradantriebs noch einige Zeit auf den Stadtlinien eingesetzt. Die Trasse der Bahn ist heute eine Straße, die den chronisch chaotischen Verkehr in der Umgebung der Festung noch weiter verstärkt.

Derzeit keine Neubauten

Die Aufzählung aller dieser Bahnen kann kaum vollständig sein, denn die Abgenzung zwischen Stadt- und Überlandverkehr, Berufs- und Ausflugsverkehr usw. ist in vielen Fällen nicht eindeutig möglich. So existieren einige Zahnradbahnen, die teilweise die öffentlichen Straßen mitbenutzen – die Tramway du Montblanc führt sogar das Wort mit im Namen – obwohl es sich bei ihnen nicht um Stadtverkehrslinien handelt. Insgesamt bleibt die Verbreitung des Zahnradantriebs im innerstädtischen Verkehr recht begrenzt. Wirkliche Neuanlagen, also solche, die nicht aus Umbauten entstanden, sind seit Jahrzehnten nicht zu verzeichnen. Die hier beschriebenen Bahnen sind allein schon durch ihre besondere Betriebsweise alle einen Besuch wert.

DIRK BUDACH

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siehe Bildunterschrift
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