Schnellstraßenbahn an Schloss und See

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Nach dem gescheiterten Pferdebahnexperiment lehnte der Schweriner Magistrat mehrere private Vorstöße zur Ein­füh­rung einer elektrischen Straßenbahn ab. Erst der Bau des städtischen Elektrizitätswerks im Jahre 1904, das über beträchtliche Überkapazitäten verfügte, führte zu ernsthafteren Überlegungen für den Bau einer Elektrischen. Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit der MSEAG-Pferdebahn wollte die Stadt die neue Straßenbahn jedoch in Eigenregie betreiben. Den Zuschlag für den Bau der Bahn erhielt die Firma Lahmeyer aus Frankfurt am Main. MAN lieferte 17 zweiachsige Triebwagen mit geschlossenen Plattformen und Lyra­stromabnehmern.

Am 1. Dezember 1908 konnte die Linie 1 der »Städtischen Straßenbahn« vom Alten Garten zur Lübecker Straße, Ecke Niclot­ring (heute Obotritenring) eröffnet werden. Nur fünf Tage später folgte die Linie 2 Friedhof – Werderstraße. Weitere acht Tage später nahm auch die Linie 3, die vom Bahnhof zum Jägerhof (Torhäuser) führte, ihren Betrieb auf. Auch in den Folgejahren wurde der Ausbau der Schweriner Straßenbahn zügig fortgesetzt: 1909 wurde die Linie 3 zweimal verlängert – am 9. April zur Paulshöhe, am 8. Mai zur Seevilla. Die Gesamtlinienlänge betrug stolze 4,95 Kilometer. Das Depot befand sich in der Wallstraße. Die drei Linien fuhren im 7 1⁄2-Minuten-Takt und beförderten 1909 1,8 Millionen Fahrgäste.

1910 nahm die Linie 4 ihren Betrieb von der Girozentrale über den Bahnhof bis zum Bürgermeister-Bade-Platz auf. 1911 wurde anlässlich der Landesgewerbeausstellung eine fünfte Linie vom Bahnhof über Püsserkrug zum Ausstellungsgelände auf dem Großen Dreesch gebaut. Das Schweriner Straßenbahnnetz erreichte damit eine Ge­samt­linienlänge von 12,7 km und für den Betrieb standen 28 Trieb- und 20 Beiwagen zur Verfügung. Nach dem Ende der Veran­stal­tung rentierte sich der Betrieb der Linie 5 jedoch nicht mehr, weswegen sie am 31. De­zember 1911 wieder eingestellt wur­de.
Der Erste Weltkrieg brachte vielfältige Einschränkungen im Straßenbahnbetrieb und führte schließlich zur Einstellung der Linie 4. Nach Kriegsende wur­de der ­­Ver­kehr nicht wieder aufgenommen. Kohleknappheit und damit verbundener ­Stromman­gel hatten eine fünfmonatige Ge­samt­einstellung des Betriebs zwischen Dezem­ber 1918 und April 1919 zur Folge.

Zwischenkriegszeit

1919 wurden das städtische Elektrizitätswerk und die städtische Straßenbahn zur Abteilung Elektrizitätswerk und Straßen­bahn zusammengeschlossen. Am 28. Mai 1921 konnte wieder eine Neubaustrecke in Betrieb genommen werden: Die Linie 3 wurde von der Seevilla bis Zippendorf verlängert. Die Initiative hierzu war von Gastwirten und anderen interessierten Bürgern des Dorfes, das sich zu einem beliebten Badeort der Schweriner entwickelt hatte, ausgegangen. Der zunächst skeptische Magistrat stimmte dem Projekt schließlich unter der Auflage zu, dass die Zippendorfer ein Drittel der Gesamtkosten selbst aufbringen müssten. Angesichts der er­warteten wirtschaftlichen Vorteile konnten diese Gelder rasch aufgetrieben werden.

Doch die Hyperinflation der Folgejahre führte zu einem kontinuierlichen Niedergang der Schweriner Straßenbahn: Zunächst wurde am 1. November 1922 die Linie 1 eingestellt. Ihr folgte am 16. De­zem­ber des gleichen Jahres die Linie 2. 1923 wurde der Fahrplan der Linie 3 auf fünf Fahrtenpaare pro Tag zusammenge­stri­chen.

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