Mit der Tram zu »Mae West«

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Damit trägt die »Kasernenlinie«, die neue Wohn- und Bürobauten auf aufgelassenen Kasernenarealen erschließt, zur Verkehrsentlastung Schwabings bei und straft den Staatsminister Ludwig Spaenle Lügen, der einst auf seinen Wahlplakaten den Schwabingern den Tod ihres Stadtviertels prophezeite, sollte die 23er durch ihre Straßen rollen.

Tram nach Sankt Emmeram

Seit März 2010 sind die Bagger im Nordosten Münchens unterwegs und bereiten der Strecke Effnerplatz – Sankt Emmeram den Weg, die seit 1991 geplant und immer wieder zugunsten anderer Trambahnprojekte zurückgestellt worden ist. Am 21. Mai griffen Oberbürgermeister Christian Ude und MVG-Chef Herbert König zum Spaten und eröffneten offiziell die Baumaßnahmen. Im Herbst 2011 sollen erstmals die blauen Züge nach Oberföhring rollen. Auch dort entstehen auf ehemaligem Bundeswehrgelände neue Wohnungen für 5.000 Menschen und rund 900 Arbeitsplätze. Vom Effnerplatz zum Cosimapark verkehrten schon in den siebziger Jahren die Linien 19 und 20, ehe die Trambahn dort im Mai 1980 wegen des U-Bahn-Baus zuerst vorläufig und schließlich ganz eingestellt wurde. Die Neubaustrecke nutzt die alte Trasse, bevor sie am Cosimapark von der Englschalkinger Straße in die Cosimastraße abbiegt. Mitte August waren die Bauarbeiten auf der gesamten Strecke im Gange; zwischen Arabellapark und Krankenhaus Bogenhausen sowie in Teilen der Englschalkinger Straße und der Cosimastraße liegen schon die Schienen.

Neu mit ­Seilgleiter­fahrleitung

Um der Straßenbahn das von ihren Gegnern – fälschlicherweise – angedichtete Image, ihre Oberleitung verunstalte das Stadtbild, zu nehmen, realisieren SWM/ MVG in München erstmals ein neues, in der Schweiz weiterentwickeltes Fahrleitungssystem. Es handelt sich dabei um eine so genannte Seilgleiterfahrleitung, die ohne ein zusätzliches Tragseil auskommt. Damit ist die Fahrleitung im Straßenraum optisch weniger präsent. Die gleiche elektrische Leistungsfähigkeit wie bei herkömmlichen Systemen wird über ein zusätzliches Kabel im Boden erreicht, das in regelmäßigen Abständen mit der Fahrleitung verbunden ist. Da kein Tragseil benötigt wird, können auch die überwiegend im Mittelteiler der Straße stehenden 201 Masten kleiner dimensioniert werden als bei herkömmlichen Systemen. Ästhetisches Highlight der Strecke wird die Durchfahrt unter einer 52 Meter hohen Großskulptur am Effnerplatz sein. Der von der Künstlerin Rita McBride entworfene – natürlich nicht unumstrittene – Paraboloid aus Karbonfaser-Komposit ist nach der amerikanischen Femme fatale und Schauspielerin Mae West benannt und soll noch in diesem Jahr aufgestellt werden. Mit der 43 Millionen Euro teuren Strecke wächst das MVG-Tramnetz um 4,3 auf 79 Kilometer, die Anzahl der Haltestellen um neun. Die MVG rechnet mit 14.300 Fahrgästen pro Tag (10.100 im stärkst belasteten Abschnitt); am Arabellapark besteht die Möglichkeit zum Umsteigen auf die U4. Wer lieber sitzen bleibt, erreicht ohne umzusteigen so wichtige Punkte wie Isartor und Sendlinger Tor. Eines steht noch nicht fest: Fährt künftig Linie 17 oder Linie 18 über den Effnerplatz hinaus nach Sankt Emmeram? Damit beide Linien das gut leisten können, erneuern die Stadtwerke in den Sommerferien die Gleise auf deren Ost­ästen, inklusive einer erneuerten Wendeanlage am Effnerplatz.

Zum Bahnhof Pasing

Weitere Strecken sind – teilweise seit Jahren – in Planung. 2013 wird die Endhaltestelle der Linie 19 in Pasing zum Bahnhof verlegt. Die Trambahn wendet dann in einer großen, 900 Meter langen Häuserblockschleife über die Bäcker-, Kafler- und Gleichmannstraße und erspart den Fahrgästen den Fußweg durch die meist vollen Gehwege von der Bahnstation zur bisherigen Trambahn-Endstelle am Pasinger Marienplatz. In ferner Zukunft könnte die 19 dann über Neuaubing in die große Neubausiedlung Freiham verlängert werden. An der Lothstraße (Linien 20 und 21) ist eine Wendeschleife angedacht, um zwischen Karlsplatz und der Fachhochschule München noch mehr Züge wirtschaftlich einsetzen zu können. Da der Bau von Neubaustrecken auch in München trotz aller positiven Entwicklungen immer noch auf Widerstände stößt, begleitet die MVG jetzt ihre Vorhaben mit umfangreicher Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen. So fanden in den letzten Monaten zahlreiche Informations- und Diskussionsveranstaltungen zur Westtangente von Nymphenburg nach Obersendling statt. Zu diesem Projekt gehört auch die Nordtangente von der Tivolibrücke durch den Englischen Garten zum Kurfürstenplatz. Dieses Vorhaben hat die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde vor einigen Jahren abgeschmettert, vor allem weil sich die Fahrleitungsmasten störend auf das Erscheinungsbild von Münchens größter Parkanlage auswirkten.

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siehe Bildunterschrift
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