Krefeld: 125 Jahre Tram in der Seidenstadt

1883 rollten erstmals Pferde- und Dampfstraßenbahnen durch die Seidenstadt am linken Niederrhein. Von Michael Kochems.

 
Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs Krefeld wegen seiner großen Bedeutung im Textilgewerbe in raschem Tempo. Bereits 1887 wurde der 100.000ste Einwohner gezählt. Damit verbunden waren territoriale Ausdehnung und stärkere Trennung der Industrie- und Wohnbezirke. Daher wurde ein leistungsfähiges Nahverkehrssystem benötigt.

Ab 1875 wurde über die Einführung einer Pferdebahn nachgedacht, die auch die Orte Uerdingen, Fischeln und Hüls anbinden sollte. Den Betrieb wollte die Stadt nicht selber übernehmen. Während die Planungen liefen, entschied die Stadt, dass jetzt nur noch in der Innenstadt eine Pferdebahn vorgesehen war, und dass die Strecken in die Vororte als Dampfstraßenbahn errichtet werden sollten. Am 8. März 1883 schloss Krefeld einen Vertrag mit einer Konzession über 40 Jahre mit der »Eisenbahn-Bau und Betriebs-Gesellschaft Reymer und Masch« ab. Darin  wurden eine Dampfstraßenbahn mit Güter- und Personenbeförderung für die Außenstrecken nach Fischeln, Hüls und Uerdingen sowie eine rund 2 km lange Pferdebahnlinie als Verbindung der städtischen Endstellen der Dampfbahnen vereinbart. Als Linienführung für die Pferdebahn wurde die Strecke Staatsbahnhof – Neusser Straße – Hochstraße – Friedrichstraße – Sternstraße – Oranienstraße geplant, wobei ab Rheinstraße die Gleise der Hülser Dampfbahn mitbenutzt werden sollten.

Es begann mit der Dampfstraßenbahn

Am 1. April 1883 begannen die Bauarbeiten für die Dampfbahn nach Uerdingen und die Pferdebahnstrecke. Bereits am 3. Mai 1883 konnte das erste fertige Teilstück Rheinstraße – Thiergarten (heute Kaiserstraße) der Dampfbahn eröffnet werden. Zwar war die Strecke bis Uerdingen bereits fertig, sie wurde jedoch nur am Eröffnungstag einmal mit Ehrengästen befahren. Ab 11. Mai wurde planmäßig bis Bockum und ab 8. Juni bis zum Eisenbahnübergang in Uerdingen gefahren. Nachdem mit der Staatsbahn eine niveaugleiche Schienenkreuzung ausgehandelt werden konnte, wurde die Strecke am 5. November 1883 mit dem Teilstück bis zum Uerdinger Markt vollendet.

Wenige Tage nach der Dampfbahn wurde am 10. Mai 1883 auch die Pferdebahn eröffnet. Nachdem zunächst nur zwischen Bahnhof und Friedrichstraße gefahren wurde, konnte die Strecke in zwei Schritten bis zum 10. Juni 1883 bis zur Oranienstraße verlängert werden.

Am 25. Juli wurde eine zweite Dampfbahnlinie von der Rheinstraße nach Hüls dem Verkehr übergeben. Ab 5. September konnte man mit der Dampfstraßenbahn auch nach Fischeln bis zur Südschule fahren, doch war diese Strecke nicht mit dem übrigen Netz verbunden, da die Staatsbahn keine Genehmigung zur Kreuzung mit den Eisenbahngleisen im Stadtzentrum erteilte. Darum mussten die Fahrgäste Richtung Fischeln nördlich des Bahnübergangs aus der Pferdebahn aussteigen, zu Fuß die Eisenbahngleise überqueren, und südlich in die Dampfstraßenbahn einsteigen.

Etwa zehn Jahre später begannen 1894 die ersten Verhandlungen zur Elektrifizierung der Straßenbahn. Das geschah im Zusammenhang mit dem Bedarf nach einem städtischen Elektrizitätswerk, was seinen Strom auch an die Straßenbahn liefern konnte. Weitere Argumente für einen elektrischen Betrieb waren die starke Auslastung der Pferdebahn und die störenden Emissionen der Dampfbahn.

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