Köln: Am Ende steht die Wende

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Der Einsatz von Stadtbahnwagen, die ja grundsätzlich auch hier im Linienbetrieb verwendet werden konnten, war aber auf einigen Strecken wegen zu enger Gleismittenabstände oder Radien in den Wendeschleifen und Kurven tabu. Bei besonderen Betriebssituationen wurde jedoch häufig dankbar auf die B-Wagen als Zweirichtungswagen zurückgegriffen und diese z.B. als Pendelwagen eingesetzt. In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre kamen mit der Verbindung Köln-Bonn über das Vorgebirge (1986) und der U-Bahn nach Ehrenfeld (1989) weitere Strecken hinzu, die ausschließlich von Zweirichtungswagen befahren werden konnten. Hierbei wurden erstmals auch Schleifen durch Kehranlagen ersetzt. Da ausschließlich Triebwagen einzeln oder in Traktion eingesetzt wurden, beschränkte sich der zusätzliche Aufwand im Zweirichtungsbetrieb auf den Wechsel des Führerstandes. Der Flächenbedarf der Kehranlagen war erheblich geringer als der von Wendeschleifen.

Abschied von Einrichtungsbetrieb und Schleifen

Zu Beginn der 1990er-Jahre erfolgte die Grundsatzentscheidung, vom konsequenten Ausbau eines hochflurigen Stadtbahnbetriebes abzugehen und Netzteile für den Betrieb mit Niederflurwagen umzurüsten, welche die für den Straßenbahnbetrieb gebauten 35 cm hohen Bahnsteige weiter nutzen konnten. Am Zweirichtungswagen wurde festgehalten, was die Abkehr vom Einrichtungswagen erheblich beschleunigte. Zwar konnten auch diese Wagen vorhandene Wendeschleifen befahren, wenn sie über einen entsprechenden Mindestradium verfügten. Ziel war aber auch im Niederflurnetz die Schaffung platzsparender Kehranlagen. In Bensberg wurde wegen des engen Schleifenradius eine vorhandene Abstellanlage aus den frühen sechziger Jahren wieder reaktiviert, was je nach Fahrzeugtyp zu wechselnden Abfahrtstellen führte. Bereits zu Zeiten des ausgeweiteten Stadt­bahnbetriebes gab es eine Rückkehr zum Gleiswechsel, die nun wieder an etlichen strategisch günstigen Stellen angelegt wurden um hier z.B. während der Karnevalstage oder baubedingten Unterbrechungen eine verkürzte Linienführung zu ermöglichen. Zu Zeiten des ausschließlichen Einrichtungsbetriebes bedeuteten derartige Anlässe immer Ersatzverkehr auf weiten Strecken und zum Teil weiträumige Umleitungen zur nächsten Wendemöglichkeit. In dieser Phase blieben  vorhandene Schleifen für derartige Umleitungsverkehre aber erhalten.

Eine wahre Renaissance erlebte der Gleiswechsel mit der Ausbreitung der Niederflurwagen Ende der 1990er-Jahre. Im Ost-West-Netz entstanden sie an zahlreichen Stellen neu. Sofern die Wendeschleifen für die Befahrung der neuen Wagen tauglich waren, blieben sie erhalten und wurden weiterhin genutzt, ansonsten entstanden ersatzweise Kehranlagen.

Wendeschleifen nur noch »Restgröße«

Seit Abstellung der letzten achtachsigen Gelenkwagen im Sommer 2006 ist der Einrichtungswagen in Köln Geschichte. Gleiches gilt auch etwa für die Hälfte der im Jahre 1969 vorhandenen Wendeschleifen und Dreiecke. Letztes »Opfer« der Netzanpassung war die Schleife in Ossendorf, die am 29. März 2010 dem Baubeginn einer Streckenverlängerung weichen musste. Derzeit sind (einschließlich zwei Betriebshöfen und der Hauptwerkstatt) noch 20 Wendeschleifen vorhanden. Davon wird aber nur die Hälfte planmäßig benutzt z.T. nur bei wenigen Fahrten, nämlich Brück und Refrath (Linie 1), Reichenspergerplatz (Linie 5), Aachener Weiher und Btf. West (Linie 7), Königsforst (Linie 9), Niehl und Merkenich (Linie 12) sowie Ubierring und Longerich (Linie 15).

Die übrigen im Netz liegenden Schleifen Ebertplatz, Neumarkt (Nachtverkehr und Stadionbetrieb), Rheinenergie-Stadion (Stadionbetrieb), Junkersdorf, Sülzgürtel (Betriebshofzufahrt), Poll-Autobahn, Thielenbruch und Schlebusch werden planmäßig nicht zum Wenden genutzt. Der »Stadionbahnhof« dient schon seit etlichen Jahren als Abstellanlage und Einsatzstelle des Betriebshofs West.

Nur noch auf der Linie 15 benutzen zumindest die HVZ-Kurse bis Longerich an beiden Enden Wendeschleifen, für Einrichtungswagen wäre aber auch diese Relation wegen des linksseitigen Ausstieges am Ubierring nicht mehr geeignet. Eine Besonderheit stellt auch die Endstation Junkersdorf dar, wo planmäßig die hinter der Haltestelle zwischen den Streckengleisen liegende Kehranlage von den HVZ-Zusatzzügen der Linie 1 zum Wenden benutzt wird. Nur »wenn es mal schnell gehen muss« befahren verspätete Züge die weiterhin vorhandene Wendeschleife und gewinnen durch den Entfall des Fahrerstandwechsel wertvolle Minuten.

Axel Reuther

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