Karlsruher Straßenbahn weiht neue Strecke ein

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Das Projekt Südoststadtbahn
Die Neubaustrecke beginnt am Betriebshof Tullastraße/Durlacher Allee, umrundet die ehemalige Schlachthofkantine, tangiert den Südostaue-Park, um dann auf die Ludwig-­Erhard-Allee zu gelangen. Kurz vor dem Mendelsohnplatz biegt die Strecke im scharfen
S-Bogen ab. Danach stößt sie auf die Rüppurrer/Baumeisterstraße. Die Fahrzeit auf der Neubaustrecke beträgt bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 22 km/h und drei Zwischenhaltestellen sechs Minuten.

Kritiker der Südoststadtbahn bezweifeln deren Verkehrswert, da die Bahn in rund 200 m Entfernung am 3.500 Einwohner zählenden Neubaugebiet Südost vorbeifährt. Sie sehen in diesem 30 Mio. Euro teuren Neubau eine reine Umleitungsstrecke für die U-Straßenbahn-Baustellen.

In der Tat wird die Neubaustrecke erst dann ihre volle Wirkung erzielen, wenn sie mit der anschließenden Neubaustrecke über die Kriegsstraße am Mendelsohnplatz verbunden sein wird und damit als innenstadtnaher Ersatz für die in der Kaiserstraße ab 2019 entfallenden Straßenbahnen dient.

Die jetzige Linienführung über die Ettlinger Straße zum Hauptbahnhof ist auch nur bis Mitte 2013 möglich, weil dann die komplette Strecke in der Ettlinger Straße (Hauptbahnhof-Marktplatz) wegen des U-Straßenbahn-Tunnelbaues aufgegeben werden soll. Skeptiker hoffen, dass die prognostizierte Zahl von 10.000 täglichen Fahrgästen wenigstens annähernd erreicht wird.

Die Pferde- und Dampfbahnzeit
Karlsruhe wurde vor fast 350 Jahren an Stelle der durch französische Truppen zerstörten alten Residenzstadt Durlach gegründet. Die strahlenförmig vom Schloss als Mittelpunkt ausgehenden Straßen werden durch eine breite fast geradlinige Hauptstraße in Ost-West-Richtung zwischen Durlach und Mühlburg durchbrochen.

Entlang dieser rund 10 km langen Achse entwickelte sich in der prosperierende Residenzstadt ein erhebliches Verkehrsaufkommen. Zwar hatte der bespöttelte Freiherr Carl Drais von Sauerbronn um 1815 die Draisine erfunden, doch die Vorgängerin des heutigen Fahrrades geriet schnell in Vergessenheit.

Ein amerikanischer Ingenieur namens Broadwell diente sich 1869 in Karlsruhe an, die Transportprobleme mit einer Pferde-Straßenbahn zu lösen. Gemeinsam mit der großherzoglichen „Oberdirection für Wasser- und Straßenbau“ und der Stadtverwaltung war schnell ein Vertrag über die technische Beschaffenheit von Fahrzeugen und Gleisen abgeschlossen.

Für die zukünftigen Fahrgäste und die übrigen Straßenverkehrsteilnehmer sehr wichtig, das Anhalten an jeder Kreuzung, das Kontrollieren der Gleise sowie das regelmäßige Aufsammeln der Hinterlassenschaften der Pferde.

Aus nicht mehr nachzuvollziehenden Gründen kam es jedoch nicht zur Ausführung. 1877 sprang daher Karl Westenfeld ein, der bereits seit 1876 erfolgreich eine Pferdebahn in Bremen betrieb. Am Sonntag, 21. Januar 1877, fand die Eröffnung der ersten Teilstrecke durch die Kaiserstraße statt, weitere Ergänzungen zwischen Mühlburg und Schloss Gottesaue sowie über den Marktplatz zum Hauptbahnhof am Ettlinger Tor folgten bis zum 1. September 1877.

Im Oktober des gleichen Jahres zählte die Straßenbahngesellschaft 95.272 Fahrgäste – und das bei nicht mal ganz 50.000 Einwohnern. Trotz hoher ­Fahr­gastzahlen geriet das Unternehmen bald in wirtschaftliche Schieflage.

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