Haben die Kleinbetriebe im Osten eine Zukunft?

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Die 2009 veröffentlichte Studie »Wer, wo, wie viele? – Bevölkerung in Deutschland 2025« der Bertelsmann-Stiftung prognostiziert für die Städte im Osten teilweise dramatische Einwohnerverluste. In Rostock soll die Bevölkerung im Zeitraum 2010-2025 von 202.700 auf 182.700, in Jena von 105.100 auf 98.500 oder in Cottbus von 102.000 auf 87.900 schrumpfen.

Vorerst Entwarnung in Cottbus
Im Jahr 2009 erregte eine von der Stadt Cottbus im Rahmen der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans bis 2020 bei der PTV Planung Transport Verkehr AG, Dresden, in Auftrag gegebene Studie heftige ­Diskussionen. Im Sinne der erwünschten Rationalisierung empfahl sie die sukzessive Stilllegung der Straßenbahn in vier Etappen bis 2013. Unter mehreren Varianten schnitt die ausschließliche Buslösung am günstigsten ab, am teuersten wurde der Ist-Zustand beurteilt. Dazwischen lag die Kombivariante »Omnibus plus zwei Tram-Hauptlinien«. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die geforderte gleichbleibende Bedienungsqualität auch mit dem Busbetrieb garantiert werden könne.

Die Studie stieß auf heftige Kritik in der Öffentlichkeit. So wurde die Weglassung der Variante eines Straßenbahnausbaus durch Neubaustrecken bemängelt. Für den Erhalt der Straßenbahn sprachen auch die 38 Mio. Euro umfassenden Fördermittel des Landes Brandenburg, die ggf. zurückzuzahlen waren, sowie Folgekosten eines Verkehrsträgerwechsels.

Die Initiative »ProTramCottbus« reichte ein mit 9.400 Unterschriften unterstütztes Bürgerbegehren zum Ausbau der Straßenbahn ein. Schließlich beschloss die Stadtverordnetenversammlung am 24. Juni 2009 mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen, lediglich die beiden schwach frequentierten Äste nach Schmellwitz-Anger und Sportzentrum – Madlow durch Busse zu ersetzen.

Stadt und Verkehrsbetrieb bestellten beim Planungsbüro VerkehrsConsult Dresden-Berlin (VCDB) eine Machbarkeitsstudie für drei Neubaustrecken. Diese errechnete für Verlängerungen zum Lausitzpark und zur Spremberger Vorstadt hervorragende Nutzen-Kosten-Faktoren von 2,82 bzw. 1,42. Lediglich eine Neubaustrecke zur Brandenburgischen Technischen Universität wurde als volkswirtschaftlich nicht sinnvoll erachtet. Damit scheint der Fortbestand der Cottbusser Straßenbahn erst einmal gesichert.

Halberstadt: Option Stilllegung
In der thüringischen Mittelstadt war das En­de des nur 13 Kilometer Streckenlänge um­fassenden Straßenbahnbetriebs bereits für 2003 angepeilt worden. Doch wurde er schließlich modernisiert. Kurz vor dem 125. Jubiläum im Juni 2012 brach eine erneute Stilllegungsdiskussion aus. Angesichts der schlechten finanziellen Situation der Stadt beschloss der Rat im Rahmen eines Einsparungsprogramms am 7. Juli 2011 überraschend den »Einstieg in den Ausstieg des Straßenbahnbetriebs der HVG« und forderte die Stadtverwaltung auf, umgehend Verhandlungen mit dem Land über eine schnellstmögliche Einstellung aufzunehmen. Allerdings haben die fünf in den Jahren 2006/07 mit Fördermitteln abgeschafften »Leoliner« eine Zweckbindung von 25 Jahren. Auch für Gleismittel waren Fördermittel in Anspruch genommen worden (Zweckbindung bis 2019).

Die Befürworter der Straßenbahn weisen darauf hin, dass sich die Fahrgastzahlen von Bahn und Bus trotz zurückgehender Einwohnerzahlen im Jahr 2010 erstmals erhöht hätten. Auch drohe im Falle einer Einstellung der Übergang der Verkehrsbedienung auf den Landkreis mit entsprechenden Angebotsverschlechterungen.

Der Geschäftsführer der städtischen Holding Nosa erklärt, dass beim Straßenbahn­betrieb in den letzten Jahren erhebliche Einsparungen gelungen seien. Das derzeitige Zuschussniveau für Bus und Bahn entspreche demjenigen von 1999. Er empfiehlt, erst um 2025 wieder über eine eventuelle Stilllegung zu diskutieren.

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