Die Revolution Flexity Classic – Niederflur auf Drehgestellen

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Alles in allem ist so eine Fahrzeugfamilie entstanden, die quasi »maßgeschneiderte« Konfektionsware bietet: In allen Größen, von »S« bis »XXL«.

Den Anfang machten »M« und »L«

Die ersten Ausführung des – damals noch LF-2000 – genannten Fahrzeuges lassen sich in die Konfektionsgrößen »M« und »L« einordnen. Es handelt sich dabei um die Fahrzeuge für Essen, Krakau – beide »M« –, Kassel und Schwerin (beide »L«). Der Essener MGT8 ist ein rund 28 Meter langer, 2,3 Meter breiter, achtachsiger Zweirichtungsgelenkwagen. 34 Wagen kamen von 1999 bis 2001 in die Ruhrstadt, sie stellen die ersten und bis heute einzigen Niederflurfahrzeuge der EVAG dar. Der erste Wagen, Tw 1501, hatte am 4. September 1999 seinen Roll-Out. Er war auch das erste Fahrzeug, dessen Wagenkasten in Bautzen auf einer teilweise automatisierten Nirosta-Schweißanlage hergestellt wurde. Wie bei den Freiburger GT8Z wurde auch hier bei einer Wagenkastenbreite von nur 2,3 Meter ein 2+2 Sitzteiler realisiert. Das führt zu einem nur 490 mm schmalen Mittelgang, der zwar im Niederflurbereich ohne Stufen oder größeren Rampen ausgeführt ist, aber zu recht engen Verhältnissen besonders bei starker Nachfrage führt. Die Unterbringung von 70 Sitzplätzen bei einen so schmalen und mit knapp 28 Metern auch nicht übermäßig langem Fahrzeug hat ihren Preis. Ein weiteres, den raschen Fahrgastwechsel nachteilig beeinflussendes Merkmal sind die nur drei Doppeltüren je Wagenseite, die immerhin aber alle im Niederflurbereich liegen.

Dem gegenüber stehen die guten Laufeigenschaften eines Drehgestellfahrzeugs und recht gute Beschleunigungswerte sowie ein akzeptables Gesamtgewicht. Die Drehgestelle wurden aus den normalspurigen für Kassel abgeleitet. Der Preis lag damals bei knapp 3 Millionen DM (1,53 Millionen €) und damit unter dem für ein damals übliches 100-%-NF-Fahrzeug.

Etwas breiter für Kassel und »Dicke« für Schwerin

Erster Besteller des neuen Typs war die KVG, Kassel, die seit 1997 in insgesamt fünf Serien 50 Fahrzeuge des Typs bestellt hat, mit Option auf nochmals sechs. Den Anfang machten zwölf Einrichtungsfahrzeuge, bei denen man auf 2,4 Meter Fahrzeugbreite ging. Mit 30,04 Meter Wagenkastenlänge sind sie auch etwas länger als die EEF-Wagen des Typs NGT6C. Die gleiche Länge wie das Kasseler Fahrzeug, aber 2,65 Meter Fahrzeugbreite erhielten die insgesamt 30 SN 2001 für Schwerin, die dort die modernisierten Tatra T3D/B3D ersetzten. Mit diesen Wagen gehörte Schwerin zu den ersten Städten, die ihre Linien komplett mit Niederflurfahrzeugen bedienen.

Die zweite Bestellung für Kassel umfasste weitere zehn ER-Wagen, die nun aber nicht mehr von der KVG, sondern der Regionalbahn Kassel (RBK) beschafft wurden, wie auch die beiden ersten, je fünf Wagen umfassenden Serien von Zweirichtungswagen, die bis 2003 abgeliefert wurden. In Kassel laufen die Wagen auf allen Straßenbahnlinien, ausschließlich mit ihnen wird die Linie 4 nach Hessisch-Lichtenau bedient. Auf der Eisenbahnstrecke, wo die Wagen ihre Höchstgeschwindigkeit ausfahren müssen, merkt der Fahrgast aber doch den Unterschied zu den für die anderen RegioTram Linien (RT) beschafften Regio Citadis von Alstom. Das Bombardier-Fahrzeug läuft unruhiger und ist lauter, hinzu kommen die härteren Sitze. Man muss dabei aber auch sehen: der Regio Citadis bringt gut zwölf Tonnen mehr auf wie Waage – das macht sich auch im Fahrkomfort bemerkbar.

Auch der vorerst jüngste Auftrag für den »Classic« kommt aus Kassel: 18 weitere ZR-Wagen sind für die Lieferung 2011–13 vorgesehen. Wie ihre Vorgänger weisen diese ­Wagen zusätzlich zu den drei Türen im NF-Bereich eine Einzeltüre am vorderen Wagenende auf. Die ER-Wagen haben auch eine Einzeltür am hinteren Ende. Gegenüber den nur dreitürigen Classic für Frankfurt und Dortmund stellt das die bessere Lösung dar, da nun mehr Möglichkeiten für den raschen Fahrgastwechsel bestehen. Für Rollstuhlfahrer verfügen die Wagen über eine Klapprampe an der in Fahrtrichtung zweiten Tür.

Text: Stefan Vockrodt

Lesen Sie den vollständigen Artikel im aktuellen STRASSENBAHN MAGAZIN August 2010

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