Die Kleinste der Kleinen
Aber schon bald empfanden viele der mit Gepäck anreisenden Kurgäste diese Situation als Zumutung. Abhilfe schaffte schließlich Ende 1909 eine Straßenbahn zwischen Talstation und Bahnhof – als einzige Tram in der Schweiz normalspurig. Mit einer Streckenlänge von nur 672 Meter und einem »Wagenpark« von zwei Triebwagen war sie, abgesehen von der reinen Touristentram auf der Riffelalp, die kleinste öffentliche Straßenbahn Europas, vielleicht sogar der Welt.
Der erste Tram-Trein?
Die zweiachsigen Tw 1 (Baujahr 1909) und Tw 2 (Baujahr 1910) kamen von der SWS Schlieren. Sie waren 11,40 Meter lang und mit 2,96 Meter so breit wie Eisenbahnwagen. Sie besaßen je ein Personen- und Gepäckabteil. Zwar waren die Wagenkästen identisch, aber Tw 1 wurde von einem Saurer-Benzinmotor angetrieben, nur der Tw 2 fuhr elektrisch. Und nur für diesen einen Wagen wurde die zweipolige Drehstrom-Fahrleitung erbaut und unterhalten. Der Triebwagen verfügte über vier Rollenstromabnehmer.
Eisenbahnzug- und Stoßvorrichtungen ermöglichten die Beförderung von Eisenbahngüterwagen bis zur Talstation der Standseilbahn. Dort mussten alle Güter umgeladen werden, denn eine Güterwagenbühne wie z.B. bei der Oberweißbacher Bergbahn gab es nicht. Damit stellt die Rheinecker Tram einen Vorläufer moderner Regio-Stadtbahnen dar. Allerdings: Auf Eisenbahngleisen fahren durfte sie nicht.
Ablösung durch Zahnradbahn
49 Jahre lang, bis 1958, versahen die Rheinecker Straßenbahn und die Walzenhausener Standseilbahn ihren Dienst. Dann wurden beide durch eine neue bis zum SBB Bahnhof Rheineck durchgehende kombinierte Zahnrad- und Adhäsionsbahn ersetzt – unter Beibehaltung der seltenen 1.200-mm-Spur der ehemaligen Standseilbahn und Umspurung der normalspurigen Straßenbahnstrecke.Ausgestattet ist die RhW bis heute mit nur einem einzigen Zahnradtriebwagen. 24 mal am Tag pendelt dieser mit einer Fahrzeit von 6 Minuten zwischen Rheineck und Walzenhausen.
Jörg Zimmer
Ein Artikel aus STRASSENBAHN MAGAZIN 03/11.
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