Der „300-km-Tramathon“ - Mit Straßen- und Stadtbahnen durch NRW

Kann man heute 300 Kilometer mit Straßen- und Stadtbahnen fahren, ohne einen Haltepunkt doppelt anzusteuern? Diese Frage haben wir uns anlässlich der 300. Ausgabe von STRASSENBAHN MAGAZIN (10/2014) gestellt. Das dichte Schienennetz in Nordrhein-Westfalen verspricht Chancen auf Erfolg.

 
Anlässlich des 300. STRASSENBAHN MAGAZIN haben wir uns gefragt, ob es heute noch möglich ist, 300 Kilometer an einem Tag zurückzulegen? Unser Versuch startete früh am Morgen. Aber eines vorweg: Nachahmer brauchen nicht nur gutes Sitzfleisch, sondern anschließend wahrscheinlich auch einen Krankenschein wegen „Rücken“. Denn 300 Kilometer mit Straßen- und Stadtbahnen zurücklegen, ist ein regelrechter Schienenmarathon, also ein „Tramathon“.

Am Ende wird die Fahrstrecke sogar deutlich mehr als 300 Kilometer betragen. Denn ohne Zwischentransfer mit Bussen und SBahnen sind die 300 Kilometer nicht zu schaffen. Faustregel für unsere Tour: Wir dürfen so oft umsteigen wie wir wollen, aber wir dürfen keinen Haltepunkt auf derselben Ebene doppelt ansteuern. Erlaubt sind nur zwei verschiedene Ebenen, also im Tunnel und an der Oberfläche. Wo das klappen kann? In Nordrhein-Westfalen! Unsere Route führt uns dazu von Bad Honnef an der Grenze zu Rheinland-Pfalz mit Zickzack-Fahrten durch Köln, Düsseldorf und das Ruhrgebiet bis nach Dortmund-Wickede.

Start mit der Siebengebirgsbahn

Wir starten unsere Reise in Rheinland-Pfalz, in Bad Honnef am Rhein südlich von Bonn. Hier fährt die sogenannte Siebengebirgsbahn. Die Herkunft des Namens: Die Gleise führen am Rhein entlang bis nach Bonn und streifen dabei auch das Siebengebirge. Heute endet in Bad Honnef die Stadtbahnlinie66, die über Bonn hinaus bis nach Siegburg fährt. Im Einsatz sind fast auschließlich Bonn fahrenden B-Wagen der Baujahre1974 bis 1993. Gleich nährt sich ein B-Wagen im Original-Look der Stumpfendstelle. Er verfügt über Zielfilm, Druckluft-Türen und dicke Sitzpolster – so kann die Reise gut starten! Die ersten Kilometer braust er auf der eingleisigen 66 am Rhein entlang, mit Blick auf das Siebengebirge. In Königswinter mogeln sich die rund 56 Meter langen Doppelzüge teilweise eingleisig auf der falschen Fahrbahnseite bis zum Rand des Ortskerns.

Hinter der Clemens-August-Straße wird die Strecke wieder zweigleisig. Auf eigenem Gleiskörper geht es fernab vom Straßenverlauf durch Oberdollendorf und Oberkassel. Im weiteren Verlauf fädelt sich die 66 auf der anderen Rheinseite in die Bundesstraße 9 ein und trifft in Höhe der Haltestelle Olof-Palme-Allee auf die Linien 16, 63 und in der Hauptverkehrszeit auch auf die Linie 67.

Richtung Köln mit der Linie 16

Der Verkehr rechts und links der Strecke ist dicht – noch. Denn ein paar hundert Meter weiter verschwindet unser B-Wagen-Paar im Tunnel und rauscht schnurgerade zum Hauptbahnhof. Bis hierhin haben wir etwa 18 Kilometer Strecke zurückgelegt. Als nächstes steigen wir in die Linie 16 ein, der Rheinuferbahn. Hier sind überwiegend Kölner B-Wagen der jüngeren Serien im Einsatz. Aber auch einige Kurse mit den meist grünen Bonner B-Wagen oder die jüngeren K5000. Über Tannenbusch und Wesseling geht es die nächsten 20 Kilometer bis nach Köln. Am Rhein vorbei mit einem fantastischen Blick auf den Fluss. Kurz hinter der Haltestelle Schönhauser Straße zweigt ein Gleisbogen ab, durch den die Linie 16 künftig in den neuen Nord-Süd-Stadtbahntunnel unter der Altstadt gelangt, Eröffnungsdatum: ungewiss! Am Barbarossaplatz – am oberirdischen Knotenpunkt Kölns – steigen wir aus und in die Linie 18 Richtung Bonn.

Über den Gürtel durch Köln

Am Sülzgürtel steigen wir in die Linie 13. Sie bringt uns direkt über den Gürtel durch Köln. Er umschlingt die Stadt von einer Seite und ist eine der wichtigsten Straßen der Stadt. Deshalb ist auch fast jede Haltestelle entlang der 13 mit dem Zusatz „Gürtel“ gekennzeichnet. Die Chance ist relativ hoch, dass wir auf der Linie 13 mit einem K5000 und den wohl unbequemsten Plastiksitzen der Stadt unterwegs sind. Das macht sich spätestens bemerkbar, wenn die 13 auf der Hochbahntrasse den Gürtel mit Hochgeschwindigkeit entlang schunkelt. Immerhin: Von hier oben ist der Blick nicht schlecht!

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