"Chruschtschow" und "Hannibal" im Revier

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Oktober 1965 schließlich folgte die Gesamteinstellung der Oberhausener Linie 2, und die drei  »Chruschtschows« wanderten auf die schon in den frühen 1960er-Jahren für Gelenkwagenbetrieb vorgesehene Linie 1E Innenstadtschleife – Hauptbahnhof – Sterkrade, Hagelkreuz ab, wo sie rund zweieinhalb Jahre Dienst taten. 1968: Das Aus für die  »Chruschtschows«

Nach Umstellung der Linie 1E auf Busbetrieb am 3. März 1968 verkehrten die Tw 361 – 363 noch bis zum 13. Oktober auf dem verbliebenen Reststück der Linie 1 zwischen Oberhausen Zentrum, Hauptbahnhof, Sterkrade und Holten Bahnhof. Der Gemeinschaftsbetrieb dieser Linie war bereits seit 23. Oktober 1966 Geschichte, da Mülheim keine personalintensiven Altbau-Garnituren (ein Fahrer, zwei Schaffner) mehr einsetzen wollte und in Holten nach wie vor keine Wendemöglichkeit für Einrichtungswagen bestand. Wenige Tage nach der endgültigen Einstellung der Oberhausener Straßenbahn am 13. Oktober 1968 wurden die drei Gelenkwagen 361 – 363 zum Mülheimer Betriebshof an der Duisburger Straße überführt, um dort auf die Abgabe zu einem anderen Verkehrsbetrieb zu warten. Wegen ihrer schwachen Motorleistung fand sich jedoch kein Käufer für die bei ihrer Abstellung erst neun Jahre alten Fahrzeuge. Schließlich wurden sie nach fast vierjähriger Abstellzeit im Mülheimer Betriebshof verschrottet. Diese Prozedur erfolgte mit viel »Qualm«, denn beim Abbruch der Fahrzeuge gerieten die Gummiabdeckungen der Gelenkverbindungen in Brand, so dass es zu einem Feuerwehrgroßeinsatz kam. Anders erging es den viermotorigen Gelenkwagen 364 – 367, die lediglich acht Jahre lang in Oberhausen im Einsatz standen. Bereits zu Beginn des Jahres 1968 interessierte sich die Aachener Straßenbahn (ASEAG) für diese Fahrzeuge und übernahm sie schließlich zum äußerst günstigen Stückpreis von nur 35.000 DM.

Noch einige Jahre in »Signalrot« in Aachen

Bereits im Juni 1968, fünf Monate vor der Oberhausener Betriebseinstellung, trat Wagen 364 vorab seine Reise in sein neues Einsatzgebiet an. Nachdem er noch in Oberhausen eine Hauptuntersuchung erhalten hatte, wurde er im Mülheimer Betriebshof verladen und absolvierte seine Abnahmefahrt auf der Aachener Überlandlinie 22 zwischen Eilendorf und Stolberg. Fortan wurde er auf der Linie 12 eingesetzt, die von Aachen-Eilendorf über Aachen Mitte zur Holländische Grenze nach Vaals führte. Er erhielt die neue Aachener Wagennummer 1106. Da sich der Wagen bewährte und die Einsätze problemlos gestalteten, erfolgte die Zuführung der drei Fahrzeugbrüder 365 – 367 zügig nach der Einstellung der letzen Oberhausener Linie 1. In Aachen erhielten die Wagen nun die Fahrzeugnummern 1107 – 1109. Nach und nach wurden alle vier ehemaligen Oberhausener Fahrzeuge umlackiert und erhielten ein signalrotes Outfit. Den noch in Oberhausen verbliebenen Umbaugelenkwagen 368 bot die STOAG ebenfalls an und schließlich übernahm ihn die ASEAG als fünftes Fahrzeug äußerst günstig für 16.000 DM. Als Wagen 1110 und ebenfalls in roter Lackierung kam er in Aachen sogar noch im vereinfachte Einmann-Betrieb zum Einsatz. 

1972 entschied die Stadt Aachen, dass die ASEAG bis zum Jahr 1975 die letzten noch vorhandenen drei Straßenbahnlinien 5, 12 und 15 einstellen sollte. Tatsächlich endete bereits am 28. September 1974 mit Umstellung der Linie 15 (Aachen-Brand – Vaals, Landesgrenze) auf Omnibusbetrieb das Straßenbahnzeitalter in Aachen. Für die nun erst zwölf bzw. 13 Jahre alten ehemaligen Oberhausener Doppelgelenkwagen fand sicher leider kein Käufer mehr. Im Frühjahr 1975 wurden sie bei einem Schrotthändler in der Nähe des Bahnhofes Rote Erde dem Weg allen alten Eisens zugeführt. Damit endete die Geschichte eines preiswerten und überaus interessanten sechsachsigen Doppelgelenkwagens, den es in dieser konstruktiven Form ansonsten nur noch in zwei Exemplaren bei den Stadtwerken München gab.

Klaus Oehlert-Schellberg

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siehe Bildunterschrift
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