Berliner Sonnengelb für Norrköping

Die Straßenbahn im südschwedischen Norrköping baut nach jahrelanger Stagnation ihr Netz aus. Zur Behebung eines akuten Wagenmangels wurden jüngst gebrauchte Tatra T6 aus Berlin erworben. Von Bernhard Kußmagk
 
Das alles beherrschende Projekt beim Ausbau der Straßenbahn im schwedischen Norrköping ist die südöstliche Verlängerung der Linie 2, die in drei Stufen verläuft. Wurde im Jahr 2006 zunächst die kurze 600 Meter lange Verlängerung nach Ljura in Betrieb genommen, folgte am 21. Oktober 2010 der 2,5 Kilometer lange Streckenabschnitt nach Hageby (Trumpetaregatan) (SM 02/2011). Die abschließende Erweiterung bis Ringdansen/Kvarnberget soll im Herbst 2011 in Betrieb gehen.
Zur Steigerung der Attraktivität, für das nunmehr erweiterte Streckennetz sowie zur Intervallverdichtung auf der Linie 2 von bislang 15 Minuten auf ganztägig 10 Minuten war eine Aufstockung des Wagenparks unabdingbar. Anlässlich des Ausbaus des Streckennetzes wurden 2009 zu den fünf vorhandenen Niederflurwagen des Typs Flexity Classic mit den Nummern 31 bis 35 zehn weitere bei Bombardier bestellt, da sich dieser Fahrzeugtyp in Norrköping gut bewährt hat.
Die Niederflurwagen 33 bis 35 wurden jedoch im August 2010 nach Stockholm vermietet, da sie nach der Verlängerung der Straßenbahnlinie 7 vom Norrmalmstorg in die Innenstadt zum Sergels Torg am 21. August 2010 dort dringend gebraucht wurden. Sie kommen gemeinsam mit drei aus Frankfurt am Main geborgten Wagen gleichen Typs zum Einsatz. Es ist vorgesehen, dass sie möglichst noch 2011 wieder nach Norrköping zurückkehren, vielleicht aber auch erst 2013.
In Norrköping führte die Abwesenheit der drei verborgten Wagen wiederum zu einer erneuten Nutzung der noch vorhandenen alten M67K-Vierachser aus den Jahren 1966 bis 1967, die im Sommer 2010 in der betriebseigenen Werkstatt hierfür aufgearbeitet wurden. Währenddessen wartete der Betrieb sehnlichst auf das Eintreffen der bestellten Flexity Classic.


Hochwasserbedingte ­Lieferverzögerung
Es kam jedoch anders, denn das Hochwasser der Spree im Spätsommer 2010 in Bautzen führte dazu, dass diverse bei Bombardier im Bau befindliche Wagen Schaden nahmen und nicht ausgeliefert werden konnten bzw. deren Herstellung sich erheblich verzögert, so auch die der Wagen für Norrköping. Außerdem hatte die ­In­betriebnahme der Streckenverlängerung zu deutlich höheren Fahrgastzahlen als erwartet geführt. Die leider auch nicht sehr zuverlässigen M98-Niederflurwagen 21 bis 24, die aus München und Bremen er­worbenen GT6-N Prototypen von 1990/91, ­fallen häufig aus. Dadurch entstand schließ­lich ein akuter Wagenmangel, der schnells­tens behoben werden musste.
Der Verkehrsbetrieb sah sich nach Ersatzwagen um und wurde in Berlin fündig. Sechs bereits seit einiger Zeit abgestellte vierachsige Tatra-T6A2-Wagen wurden kurzfristig von der BVG gekauft und gelangten Ende Februar/Anfang März nach Norrköping. Sie bekamen die neuen Fahrzeugnummern 10 (ex BVG 5114), 11 (ex 5122), 12 (ex 5128), 13 (ex 5133), 14 (ex 5136) und 15 (ex 5160) und erhielten die Wagentypenbezeichnung M11. Die Tatras behielten ihre gelbe Berliner Lackierung, es wurden lediglich einige schwedische Aufschriften, die neuen Wagennummern und das Stadtwappen angebracht. Es ist vorgesehen, dass sie etwa ein Jahr im Einsatz bleiben. Anschließend werden wohl zwei Fahrzeuge erhalten bleiben, einer als Fahrschulwagen, der andere als Arbeitswagen.
Die ex-Berliner Wagen kommen seit dem 1. April 2011 zum Einsatz. Sie fahren sowohl in Doppeltraktion als auch als Einzelwagen auf beiden Linien.
Bernhard Kußmagk

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