125 Jahre Straßenbahnen in Heidelberg: Nicht totzukriegen

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Die Tram als ­»Verkehrshindernis«
Die Straßenbahn war nicht mehr zeitgemäß und hinderte nur die Autofahrer an einer schnellen Fahrt durch die engen Straßen. So kam es auch auf Verfügung der Verkehrsbehörden zur Einstellung der »Neckartalbahn« nach Neckargemünd (1962) und 1964 nach Wieblingen.
Nachdem sich die HSB zu Beginn der 1960-Jahre nicht mehr aus eigenen Kräften erhalten konnte und die Stadt immer höhere Zuschüsse leisten musste, beschloss 1971 die Stadtverwaltung ein rigoroses Notsparprogramm für die HSB. Durch Vereinfachung des Liniennetzes ohne Linienüberlagerungen, 20 Minuten-Grundtakt, ab 20 Uhr nur noch Halbstundentakt, auf den Außenstrecken Stundentakt und natürlich: Personalabbau.
Bis 1970 war ein Betriebsverlust von 8,2 Mio. DM aufgelaufen, 1971 waren es dann 7,3 Mio. DM. Zu jener Zeit beförderte die HSB mit 848 Beschäftigten auf dem 45 Kilometer langen Netz rund 36 Mio. Fahrgäste, davon etwa 3 Mio. (8,0 Prozent) mit dem Bus, 1985 wurden mit rund 500 Beschäftigten nur noch 22 Mio. Fahrgäste befördert, davon 11,0 Mio. mit dem Bus. Das Defizit war jetzt aber auf 28 Mio. DM angestiegen und pendelte sich in den Folgejahren bei etwa 30 Mio. DM ein. Heidelberg lag damit voll im Bundestrend.
1976 übernahm die Stadt Heidelberg alle Aktien der HSB und integrierte sie zusammen mit den Stadtwerken in eine neu gegründete Holding, der Heidelberger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (HVV).

Oberbürgermeister Zundel gegen die Tram
Untermauert von fragwürdigen Verkehrsgutachten forderte Oberbürgermeister Zundel (SPD) die totale Umstellung der Straßenbahn auf Bus. Das stieß nicht bei allen seinen Parteifreunden auf Gegenliebe, wohl aber bei der CDU. So wurde in den Wirtschaftlichkeits-Vergleichsberechnungen immer noch der klassische Drei­wagenzug mit vier Personalen in Ansatz ­gebracht, während beim Bus mit Einmannbetrieb gerechnet wurde, obwohl zu jener Zeit auch bei der Straßenbahn längst der Einmannbetrieb eingeführt war und die Busse selbst immer noch mit Schaffnern besetzt waren.
Dem Omnibus sprach man größere »Flexibilität« zu, ohne zu bedenken, dass der Bus, ohne eigene Fahrspuren zu haben, genau so im Stau der KFZ mitschwimmen muss wie die Straßenbahn ohne eigenen Gleiskörper. Vergessen wurde auch, dass um 1970 die Heidelberger Straßenbahn außer nach Handschuhsheim und in die Altstadt weitestgehend auf eigenen Bahnkörpern oder in wenig belebten Straßen, wie der Römerstraße oder in der südlichen Rohrbacherstraße ohne Behinderungen verkehren konnte.

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