»Zwirnsrolle« und »Sternbahn«

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So ist nach heutiger Planung mit ­Eröffnung des Citytunnels die Stilllegung der Linie 9 auf dem Abschnitt Connewitz/Kreuz – Markkleeberg/West und Umstellung auf Omnibusverkehr (Verlängerung der Linie 70) vorgesehen. Es bleibt aber die Hoffnung, dass hier die weitsichtigen und umweltbewussten Markkleeberger Bürger die Mehrheit erreichen und damit den Fortbestand der Straßenbahn sichern. Derzeit halten sich Befürworter und Gegner der Straßenbahnverbindung die Waage .

Überland nach Schkeuditz

Am 27. Oktober 2010 jährt sich zum 100. Mal der Tag, an dem die erste Straßenbahn öffentlich zwischen Leipzig-Wahren und der Stadt Schkeuditz (7,8 Kilometer) verkehrte. Hinter der Haltestelle Wahren Rathaus verläuft die Strecke eingleisig stadtauswärts links in Seitenlage und kreuzt auf unbeschranktem Bahnübergang am Ortseingang Stahmeln (heute zu Leipzig gehörend) die Bundesstraße 6 (früher Staatsstraße). Nach der Haltestelle Stahmeln wird die Trasse zweigleisig und verläuft rechts neben der Straße auf bahneigenen Gleiskörper. Mitte der 1990er-Jahre wurde die Trasse zwischen Stahmeln und Lützschena verschwenkt und im dort neu entstandenen Gewerbegebiet eine niederflurtaugliche Haltestelle errichtet. An dieser Stelle befand sich bis nach der Wende die LVB-eigene Müllkippe mit Gleisanschluss, wo zu DDR-Zeiten zahlreiche Straßenbahnwagen »feuerbestattet« wurden. Danach wird der Ortseingang Lützschena (heute ebenfalls zu Leipzig gehörend) erreicht. Dort wird ein Gleisdreieck passiert, das gelegentlich bei Bauarbeiten auf der Schkeuditzer Strecke benutzt wird. Hier lag in früheren Zeiten die Entleerungs­grube der Staubsaugertriebwagen. Danach wechselt das Gleis in Fahrbahnmittellage. Hier war bis 1973 die Trasse eingleisig. Beim zweigleisigen Ausbau wurde auch die alte Kuppelendstelle im Radefelder Weg (seit 9. Juni 1905 betrieben) vom Netz abgebunden. Noch heute steht dort einsam und verlassen der letzte Fahrleitungsmast, eingebunden in den Dachanker eines ­Gebäudes der ehemaligen Sternburg-Brauerei.

Auf eigener Trasse ins Nachbarland

Kurz nach der Haltestelle biegt die Straße in eine leichte Linkskurve, der allerdings die Straßenbahn nicht folgt. Sie verläuft weiter geradeaus, um auf vollkommen eigener Trasse weiter Richtung Schkeuditz zu fahren. Hinter Lützschena wird die Stadtgrenze passiert und die Bahn fährt in den heutigen Kreis Torgau, Delitzsch, Oschatz ein und erreicht die Haltestelle Modelwitz (heute Ortsteil von Schkeuditz). Zu Beginn der Bahnverbindung 1910 lag hier die sächsisch-preußische Landesgrenze. Für den preußischen Teil der Strecke benötigte das Fahrpersonal damals eine gesonderte Genehmigung, da die Bahn im preußischen Abschnitt als Kleinbahn konzessioniert war. Auch im Mitteldeutschen Verkehrsverbund wird hier die Tarifzone 110 (Stadt Leipzig) verlassen; es müssen also zwei Zonen bezahlt werden. Nach Passieren des Ortsteils Papitz wird in einer S-Kurve wieder die Staatsstraße erreicht. Die Trasseführung über freies Gelände war vor 100 Jahren Zankapfel zwischen den Großgrundbesitzern und der Geschäftsleitung der LAAG. Erst das Enteignungsverfahren, eingeleitet durch den preußischen Regierungspräsidenten in Merseburg, machte den Bahnbau möglich. Nun erreicht die Bahn Altscherbitz, das schon früher durch die Nervenheilanstalt bekannt war. Nach der Wende hat sich hier zusätzlich die Heliosklinik etabliert. Jetzt wird ein weiterer Bahnübergang lichtzeichengesichert passiert und die Bahn fährt durch einen Einschnitt ins Zentrum von Schkeuditz hinein. Am Rathausplatz wird nochmals gehalten. Danach wird die Teichstraße gekreuzt und der Zug hat die Endhaltestelle erreicht. Die Wendeschleife wird im ehemaligen Depotgelände durchfahren. An der Ausfahrt besteht noch eine Überholmöglichkeit, bevor die Rückfahrt nach Leipzig angetreten werden kann.

Von der »Zwirnsrolle« zur Linie 11

Als 1910 die LAAG den Betrieb aufnahm, wurde zur Kennzeichnung eine runde Scheibe mit schwarz/weißer Viertelteilung verwendet. Der Volksmund machte aus dieser Linie die »Zwirnsrolle«, da ein Nähgarnhersteller für seine hölzernen Garnspulen die gleiche Kennung verwendete. Vom 1. Februar 1928 bis 1. April 1936 wurde die Linie 29 für diese Strecke verwendet. Danach verkehrte bis 23. November 1947 die Linie 28 zwischen Schkeuditz und Markkleeberg/West. Auf dieser Linie kamen die damals neuen Mitteleinstiegzüge (s. SM 8/10) zum Einsatz. Mit 22,4 Kilometer Länge und 19,1 km/h Reisegeschwindigkeit war sie die längste und schnellste Leipziger Straßenbahnlinie in jenen Jahren. Vom 24. November 1947 an kehrte die Linie 29 auf die Schkeuditzer Strecke zurück. Mit mehrfach wechselnden östlichen Endstellen bediente sie bis 29. November 1984 die Schkeuditzer Strecke. Seit dem 30.

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