Wien: Gegen den Trend
"Wien ist anders"
Mit diesem Slogan werben Tourismusmanager für einen Besuch der österreichischen Bundeshauptstadt – und er lässt sich durchaus auch zur Beschreibung des öffentlichen Verkehrsnetzes heranziehen. Denn anders als in zahlreichen mittel- und westeuropäischen Metropolen kam es hier in den vergangenen zwölf Jahren zu keinem Ausbau des Straßenbahnnetzes und die von Stadtplanern als notwendig und sinnvoll erachteten Ausbaupläne werden von den Rathauspolitikern nicht mit Nachdruck verfolgt und von Bezirkspolitikern teils sogar vehement bekämpft. In dieses Bild passt auch die Tatsache, dass in den vergangenen Jahren wiederholt Straßenbahnstrecken in peripheren Teilen der Stadt durch immens teure U-Bahn-Strecken ersetzt wurden, deren Fahrgastzahlen anderswo maximal zum Bau von – hier bereits vorhanden gewesenen – Straßenbahnen Anlass gegeben hätten.Betrachten wir kurz das mittlerweile 65 km lange U-Bahnnetz aus dem Blickwinkel der Straßenbahn, so stellen wir fest: Ganz nach dem Vorbild von München und Nürnberg wurden sämtliche parallelführenden Straßenbahnlinien eingestellt, wodurch das Straßenbahnnetz viel von seiner gewachsenen Struktur verlor. Insgesamt fielen der U-Bahn seit dem Baubeginn im Jahre 1969 knapp 34 km Straßenbahnstrecken zum Opfer. Im genannten Zeitraum konnten zwar auch 16 km Neubaustrecken eröffnet werden, 6,8 km davon wurden aber zwischenzeitlich wiederum durch die U-Bahn ersetzt. Das Streckennetz umfasst heute eine Länge von 176 km und ist damit um 13 Prozent kleiner als vor Beginn des U-Bahn-Baues.
U-Bahn statt Straßenbahn
Nun steht außer Zweifel, dass speziell die völlig neu gebauten U-Bahn Linien U1 und U3 wichtige und unverzichtbare Verkehrsträger sind, wenn es um die Erschließung des seit jeher nicht von der Straßenbahn erschlossenen Stadtzentrums und um die rasche Überwindung größerer Distanzen geht. Beide Linien fahren in den Spitzenzeiten in Intervallen von drei bis vier Minuten und stoßen im Bereich des Stadtzentrums mit je rund 150.000 Fahrgästen täglich an ihre Kapazitätsgrenzen. Der Verzicht auf parallel fahrende Straßenbahnen und die Kappung zahlreicher Autobus- und Straßenbahnlinien an den U-Bahn-Endstellen brachte aber auch deutliche Nachteile für jene Fahrgäste, deren Verkehrbedürfnisse sich auf den Nahbereich der U-Bahn-Strecken beschränken.Größere Stationsabstände und die damit verbundenen längeren Wegzeiten sowie zwangsweise verordnetes Umsteigen verlängern die Fahrzeiten empfindlich und die wesentliche Intention der Stadtväter im Zusammenhang mit dem U-Bahn-Bau, nämlich die Freimachung der Straßen für den Individualverkehr, kommt hier deutlich zum Ausdruck. Als Argument für die Einstellung von Parallelverkehren machen die Verantwortlichen auch immer wieder wirtschaftliche Überlegungen geltend, denn zweifellos verursacht die U-Bahn immens hohe Betriebskosten. Wiederholt musste jedoch nach U-Bahn-Eröffnungen wegen Anrainerprotesten der öffentliche Verkehr im Nahbereich der U-Bahn-Strecken nachgebessert werden und es kam zur Einführung oder Verlängerung von teuer und wenig umweltfreundlich zu betreibenden Autobuslinien, die nun den Routen der eingestellten Straßenbahnen folgen.
Ebenfalls Bestandteil der ersten und zweiten Ausbaustufe des U-Bahn-Netzes war die Einrichtung der Linien U4 und U6. Während das Straßenbahnnetz von der Umgestaltung der ehemaligen Wiental- und Gürtellinie der Stadtbahn zur U4 nicht betroffen war, musste es anlässlich des Umbaues und der Verlängerung der Stadtbahn-Gürtellinie zur U6 gehörig »Federn lassen«. Die Errichtung von zwei zusätzlichen Haltestellen im Verlauf der historischen Gürtellinie sowie die Ausrüstung aller Haltestellen mit Aufzügen diente als Anlass zur Einstellung der seit jeher parallel zur Gürtellinie verkehrenden Straßenbahnlinie 8. Aus diesem Grund können die täglich bis zu 120.000 Fahrgäste trotz Intervallen von zwei bis drei Minuten heute kaum befördert werden.
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