Wieder voll auf Touren

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Die alte Straßenbahn und der Niedergang des ÖPNV 

Am 8. Juli 1877 fuhr die erste Pferdebahn durch Tours, elektrische Straßenbahnen gab es ab 1900. Bis 1901 wurden alle Linien einheitlich auf 1.000 mm umgespurt und in der Blütezeit verkehrten fünf Stadtlinien und drei Vorortlinien. Da eine Modernisierung der Tramway unterblieb und schwere Schäden im Zweiten Weltkrieg zu verzeichnen waren, entschied die Stadt, die Straßenbahn sukzessive stillzulegen.

Bereits am 15. September 1949 fuhr die letzte Straßenbahn. Die Linien A und B wurden ab dem 5. Oktober 1949 durch Obusse ersetzt, die bis zum 30. Juni 1968 verkehrten. Wie in den meisten französischen Städten prägten danach ausschließlich Dieselbusse den ÖPNV, der immer mehr an Fahrgästen verlor, während die Stadt Jahr für Jahr mehr im Autoverkehr erstickte.

Zu Beginn der 1990er-Jahre gab es erste Überlegungen über die Einführung eines Bussystems mit eigenen Fahrspuren, um den unbefriedigenden ÖPNV in der Stadt aufzuwerten. Auch ein TVR- und ein Obussystem wurden diskutiert. Die Omnibuslinie 1 und einige Abschnitte der Linie 2 wurden zwischen 1993 und 2009 im Zentrum von Tours weitgehend auf eigene Busspuren verlegt.

Im Jahr 2007 entschied sich die SITCAT (Syndicat intercommunal des transports en commun de l’agglomération tourangelle), die Straßenbahn wieder einzuführen. Geplant wurden zwei Durchmesserlinien, die sich in der Innenstadt kreuzen sollten. Eine Linie sollte in Nord-Süd-Richtung die Stadt durchqueren, die andere in Ost-West-Richtung.

Die Linie A 
Die neue, 14,8 Kilometer lange Straßenbahnlinie A mit 29 Haltestellen wurde am Mittag des 31. August 2013 auf dem zentralen Place Jean Jaurès durch die Bürgermeister der Städte Tours und Joué-lès-Tours eröffnet. Sie folgt überwiegend der bisherigen Omnibuslinie 1. Die Linie A durchquert beide Städte in Nord-Süd-Richtung und benutzt teilweise die ehemaligen Busspuren.

In Saint Symphorien nördlich der Loire befindet sich ein 1.000 Meter langer Abschnitt mit einer fünfprozentigen Steigung. Nördlich des Zentrums von Tours wird auf dem Pont Wilson die Loire, südlich des Zentrums, die Cher auf einer neuen, eigens für die Bahn gebauten Brücke, der Pont de Vendée, überquert, um einen Umweg über den vorhandenen Pont Saint-Sauveur zu sparen.

Der Pont de Vendée verläuft an Stelle einer ehemaligen Eisenbahnbrücke und darf nur von Bussen, Straßenbahnen und Fußgängern benutzt werden. Nahe dem Hauptbahnhof weicht die Straßenbahntrasse von der alten Buslinie 1 ab und schwenkt einige Hundert Meter nach Osten, um diesen direkt zu bedienen.

Zusammen mit der Straßenbahn wurde der umgestaltete Westausgang am Hauptbahnhof eingeweiht, der einen kurzen und bequemen Übergang von der Bahn zur Tram ermöglicht.

Nulltarif am Eröffnungstag 
Nach der Eröffnung der Straßenbahn gab es bis in die Nacht an zahlreichen Haltestellen verschiedene Kunst-, Theater- und Sportaktionen und es galt bis Sonntagabend der Nulltarif im Gesamtnetz, auch auf allen Buslinien.

Längs der Straßenbahntrasse fand eine umfassende Veränderung der Aufteilung des Straßenquerschnitts statt, häufig wurde die Zahl der Fahrspuren zugunsten der Tram und zusätzlicher Fahrradspuren und breiterer Bürgersteige reduziert. Außerdem wurden viele Bäume und Sträucher gepflanzt, ansprechende Beleuchtungselemente, Steine, Gitter und Zäune installiert.

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