Vogtlandperle auf Meterspur

Sie gehört zu den liebevoll geführten Kleinbetrieben in Deutschland – und die Plauener dürfen auf ihre im November 1894 eröffnete Straßenbahn zu Recht stolz sein. Da stellt sich die Frage, wie würdigen sie deren 120. Jubiläum in diesem Jahr?
 
Zu den Städten im Deutschen Kaiserreich, in denen vor 120 Jahren die erste elektrische Straßenbahn gefahren ist, zählt auch die im Südwesten von Sachsen gelegene Stadt Plauen im Vogtland. Ende des 19. Jahrhunderts setzte ein ungeahntes industrielles Wachstum ein. Doch sowohl der Bahnhof der 1851 eröffneten Sächsisch-Bayerischen Staatseisenbahn von Leipzig nach Hof als auch der Bahnhof der 1875 eröffneten Elstertalbahn lagen in dieser Zeit noch außerhalb der Stadt. Um vom Stadtzentrum zur ab 1875 „Plauen oberer Bahnhof“ genannten Station der Eisenbahnstrecke nach Bayern bzw. Leipzig/ Chemnitz zu kommen, war ein Anstieg zu meistern – zum „Unteren Bahnhof“ an der Eisenbahnstrecke Gera – Weischlitz galt es hingegen, ins Elstertal hinabzulaufen. Da sich sowohl in diesem Bereich als auch oberhalb des Stadtzentrums nach der Reichseinigung zahlreiche Unternehmen ansiedelten, erschien der Bau und Betrieb einer Straßenbahn eine gewinnversprechende Investition zu sein. Erste Pläne für eine pferdebetriebene Straßenbahn verliefen allerdings im Sande.
 

Die AEG baut Plauens Straßenbahn



Am 29. Mai 1893 schloss die Stadtverwaltung mit der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) einen Vertrag zum Bau einer elektrischen meterspurigen Straßenbahn. Mit der Betriebsführung beauftragte die AEG eines ihrer Tochterunternehmen – die Allgemeinen Local- und Straßenbahngesellschaft mit Sitz in Berlin. Am 17. November 1894 eröffnete diese die erste Teilstrecke der Plauener Straßenbahn – sie führte vom Oberen Bahnhof zum Neustadtplatz. Knapp drei Wochen danach ging der eingleisig ausgeführte Abschnitt zum Unteren Bahnhof in Betrieb. Nach wenigen Betriebsmonaten verkaufte die Allgemeinen Local- und Straßenbahngesellschaft den 3,3 Kilometer langen Straßenbahnbetrieb zum 28. Mai 1895 an die Sächsische Straßenbahn-Gesellschaft (SSG), auf deren Rechnung rückwirkend auch der Betrieb ab 1. Januar 1895 stattfand.
 

Eine wechselvolle Geschichte



In den ersten Betriebsjahren und -jahrzehnten wuchs sowohl das Netz als auch der Fahrzzeugpark. Während des Ersten Weltkriegs und in der Zeit danach kämpfte die Bahn mit erheblichen Einschränkungen, beispielsweise Personalmangel sowie Kohlemangel im Elektrizitätswerk. Streiks legten den Betrieb ebenso mehrfach lahm. Bis zu deren fast vollständigen Zerstörung im Frühling 1945 erbrachte die Straßenbahn in Plauen beachtliche Verkehrsleistungen.
 

Nachkriegszeit und DDR-Zeit



Der Wiederaufbau fast aller Gleisanlagen gelang bis 1948. Per 1. Januar 1951 führte der VEB (K)
Verkehrsbetrieb der Stadt Plauen den Straßenbahnbetrieb. Seit 1951 verkehrt die Plauener Straßenbahn wieder täglich in vollem Umfang – und in diesem Jahr trafen nach 23 Jahren die ersten Neubaufahrzeuge ein: drei LOWA-Wagen. Zahlreiche weitere Neuzugänge, beispielsweise die insgesamt 45 Kurzgelenkwagen vom Typ KT4D, sowie Ausbaumaßnahmen am Gleisnetz konnten in den Jahrzehnten darauf verzeichnet werden.

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