Versenkt 1985

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August 1958 fuhr die Linie 1 aus der Brunswiker Straße direkt in die neue Feldstraße, um nur die wesentlichen Veränderungen dieses Jahrzehnts zu nennen. Bleibt noch der Heiligabend 1958 zu erwähnen,  an dem es im Straßenbahndepot Gaarden eine Feierstunde anlässlich des Jubiläums „75 Jahre Straßenbahn in Kiel“ gab.

Schaffnerloser Einmannbetrieb 
1952 führte die Kieler Verkehrs AG (KVAG) als erstes Verkehrsunternehmen in der Bundesrepublik den schaffnerlosen Einmannbetrieb erfolgreich ein und rüstete nach und nach ihre Fahrzeuge mit Sprechfunk aus. Allerdings war der Betrieb ohne Schaffner keine neue Erfindung aus Kiel. Ein halbes Jahrhundert zuvor fuhren schon Straßenbahnen in Kiel ohne Schaffner. Den Fahrpreis warf der Fahrgast beim Einsteigen abgezählt in so genannte Zahlboxen neben dem Fahrer ein.

Eigene Fahrzeugentwicklung
Ein Höhepunkt in diesem Jahrzehnt ist eine Kieler Eigenentwicklung im Fahrzeugbau unter Direktor Rauschenberger, die ab 1953 auf die Gleise kam. Das Konzept sah ein Fahrzeug vor, das ganz ohne Schaffner auskommt. Die Fahrscheine gab es ggf. vorne beim Einstieg vom Fahrer. Die Kieler Nachrichten titelte am 15. Juni 1954: „Nun auch Ein-Mann-Straßenbahnwagen in Kiel“.

Und weiter hieß es: „die Fahrt mit dem ,Neuen‘ ist ein Gedicht mit mehreren Strophen. Auf seiner Gummifederung wiegt sich der Wagen selbstgefällig und ignoriert jede Unebenheit. Die Fahrt ist für den Fahrgast eine wahre Erholung.“ Die KVAG lud tags darauf alle Kieler ein, kostenlos auf der SL 7 die Fahrzeuge auf der Strecke vom Hauptbahnhof zum Hasseldieksdamm kennenzulernen.

Unter Leitung von Oberingenieur Gilbert entstanden diese Einrichtungszweiachser (Nr. 231 bis 237), nach vorausgegangener Entwicklung und Erprobung bis 1956 in eigener Werkstatt. Ausgerüstet waren sie mit Gummifederung, zwei schrägen Frontscheiben (Sicherheitsglas, beheizte Fenster und elektrischen Scheibenwischer), Fahrerplatz mit Drehsitz (Einmannbetrieb), elektrischen Falttüren und 30 Sitzplätzen in Fahrtrichtung.

An Stelle der Fahrkurbel bedienten die Fahrer den Fahrschalter wie ein Auto per Fußschaltung, wodurch die Fahrzeuge den Spitznamen „Strampelmax“ erhielten. Keine 13 Jahre später, mit Einstellung der SL 2, kamen die Fahrzeuge aufs Abstellgleis und gingen schnell den Weg des alten Eisens. Eine zu kurze Nutzungsdauer für Straßenbahnen!

Letzte Neubaustrecke 
Für die letzte Neubaustrecke kämpfte die KVAG lange. Sie zweigte von der Holtenauer Straße in die Beselerallee ab und führte durch die Olshausenstraße zur neuen Univer­sität am Westring. Mangels Geld und  aufgrund der bis weit in das Frühjahr 1955 anhaltenden Frostperiode schritten die Gleisbauarbeiten nur langsam voran. Manch ein Anwohner in der Olshausenstraße hatte von den sich ewig hinziehenden Bauarbeiten damals genug.

Doch bereits am 15. Juni des Jahres begrüßte eine Vielzahl von Studenten den damaligen KVAG-Vorstandsvorsitzenden Fischer auf offizieller Probefahrt in der Wendeschleife vor der Universität. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, den Zug mit Ehrengästen selbst zu fahren. Einen Spitznamen für die Bahnanbindung fanden die Studierenden schnell.

Mit einer Flasche Milch tauften sie den Zug als „Genietransporter“ (4). Ab Sonntag, dem 20. Juni 1955, pünktlich zum Start der Kieler Woche, ging die Strecke offiziell in Betrieb. Doch schon im Vorfeld der Segelregatta musste sich die KVAG für die Verlängerung gegenüber den Busbefürwortern rechtfertigen, die deren Bau als rückständig bezeichneten.

So war in einem Artikel der Kieler Nachrichten am 23.

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