Schnellstraßenbahn an Schloss und See

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Erst am 1. Mai 1946 konnte der Straßen­bahnbetrieb mit je vier Trieb- und Beiwagen wieder aufgenommen werden. Die Strecke nach Zippendorf wurde jedoch zunächst im Schienenersatzverkehr betrieben. Seit dem 1. Mai 1947 verkehrten wieder Straßenbahnen der Linie 3 nach Zippendorf. Aus Wagenmangel musste aber am glei­chen Tag die Linie 2 vorübergehend eingestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt beförderte die Schweriner Straßenbahn mit nur sechs Trieb- und vier Beiwagen fast fünf Millionen Fahrgäste. 1949 wurde der Betrieb dieser Linie bis zur Werderstraße wie­der aufgenommen. Zum Jahresbeginn 1952 wurde die Straßenbahnstrecke nach Lan­kow und damit die Linie 1 eingestellt. Die Linie 3 wurde in »1« umbenannt.

Der VE(K) Nahverkehrs­betrieb Schwerin

1949 wurden die Schweriner Stadtwerke liquidiert und die Betriebsteile in mehrere Kommunalwirtschaftsunterneh­men – KWU – umgewandelt. Diese KWU wurden zum 1. Januar 1952 wieder aufgelöst und das neue Unternehmen »Verkehrsbetriebe der Lan­deshauptstadt Schwerin« gegrün­det. Nach der Auflösung der Länderstruk­tur in der DDR und der Einrichtung der Bezirke wurde das Unternehmen in »VE(K) Nahverkehrsbetrieb Schwerin« umbenannt. Am 2. Dezember 1958 wurde der Zeit­kartentriebwagen (Z-Betrieb) eingeführt. Am 10. Mai 1968 folgte der OS-Betrieb. Schrittweise wurden im gesamten Straßenbahnnetz Wendeschleifen gebaut, um den Einsatz von Einrichtungswagen zu ermöglichen: 1966 Klement-Gottwald-Werk (heute: Kliniken), 1967 Freilichtbühne und Zippendorf. Am 2. Februar 1968 wurde eine Neubaustrecke durch die Voßstraße in Betrieb genommen.

Mitte der 1960er-Jahre wurde kurzzeitig über die Umstellung der Schweriner Straßenbahn auf Omnibusbetrieb diskutiert. Derartige Überlegungen wurden jedoch schnell wieder verworfen. Stattdessen er­leb­te das Straßenbahnnetz ab 1969 eine ra­di­kale Umstrukturierung: Alte traditionsreiche, aber nachfrageschwache Strecken wurden aufgegeben. Gleichzeitig wurden neue Strecken in die Plattenbauviertel im Westen und Südosten der Stadt gebaut. Am 4. Oktober 1969 wurde die alte Straßen­bahn­linie 2 auf Omnibusbetrieb umgestellt. Nur zwei Wochen später wurde die Strecke Platz der Freiheit – Lankow Siedlung in Betrieb genommen. Am 11. April 1977 wurde die Straßenbahnstrecke nach Zippendorf eingestellt und durch Omnibusse ersetzt. Der Streckenabschnitt vom Platz der Ju­gend bis zur neuen Wendeschleife Freilichtbühne blieb für Betriebszwecke erhalten, um weiterhin eine innenstadtnahe Wendemöglichkeit zur Verfügung zu haben.

Ausbau zur ­Schnellstraßenbahn

1971 beschloss die SED auf ihrem Parteitag den massiven Ausbau der Industrie (Schiffs­­­ausrüstungen, Hydraulikanlagen, Plastikverarbeitung, Leicht- und Lebensmittelindustrie) der Bezirksstadt Schwerin, die im Südwesten der Stadt bei Wüstmark angesiedelt werden sollte. Die Re­kru­tie­rung der zusätzlichen Arbeiter stellte kein Problem dar. Mecklenburg war mit seiner schönen seenreichen Umgebung, der Nähe zur Ostsee und seiner guten Luft sehr attraktiv für Arbeiter aus Halle, Leipzig oder Dresden. Für sie sollte im Südosten Schwe­rins, auf dem Großen Dreesch eine riesige Plattenbausiedlung entstehen. Die Straßenbahn sollte die Anbindung der Großwohnanlage an das Stadtzentrum und das neue Industriegebiet übernehmen.

Die Neubaustrecken wurden als Schnell­straßenbahn konzipiert, auf denen 2,50 m breite Tatrawagen des Typs T3D/B3D ein­gesetzt werden konnten. Das erste Fahrzeug traf im August 1973 in Schwerin ein. Bis 1988 kamen 118 Trieb- und 59 Beiwagen nach Schwerin.

Am 6. Oktober 1974 konnte die Neubaustrecke Platz der Jugend – Großer Dreesch Zentrum in Betrieb genommen werden. Die Strecke verlief zunächst in Seitenlage der F 106 (heute B 104) unter Nutzung der neuen Brücke über die Crivitzer Chaussee. Die Niveauunterschiede auf dem Großen Dreesch ermöglichten unter Einschluss einiger Brücken eine kreuzungsfreie Streckenführung in der Plattenbausiedlung. In den Anfangsmonaten musste die Neubaustrecke noch mit Gotha- und Rekowagen bedient werden, weil die unzureichende Stromversorgung noch keinen Einsatz der Tatrawagen erlaubte.

Am 7. Oktober 1979 wurde eine weitere Neubaustrecke in das neue Industriegebiet Wüstmark und weiter nach Neu Pampow eröffnet. Mit der Inbetriebnahme der Verlängerung Großer Dreesch, Zentrum – Hegelstraße am 7. April 1984 konnte das Ausbauprogramm der Schweriner Straßenbahn abgeschlossen werden.

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