Oben geblieben!

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Die U-Bahnpläne für Frankfurt stammen aus den 1960er-Jahren, als die SPD die Stadt mit absoluter Mehrheit regierte. Die seit 1977 regierende CDU übernahm diese ­Pläne und führte sie fort. Sie wurde darin 1986 auf Landesebene vom damaligen Minister für Wirtschaft und Technik, Dr. Ulrich Steger (SPD) unterstützt. Der Regierungspräsident aus Darmstadt, ein Genosse Stegers, stellte sich mit seinem Beschluss somit auch gegen Parteifreunde. Hartmut Wierscher ist es allerdings hoch anzurechnen, dass er in dieser Frage nicht den Weg des geringsten Widerstandes nahm, sondern einem starken Bürgerwillen folgte und eine genaue Prüfung der Pläne durchführte.

Eröffnung verschoben
Der Schlag aus dem Regierungspräsidium traf Frankfurts CDU tief. Anstatt baumbestandener Boulevards und ohne Schienen »aufgewertete Plätze« war die Frage zu lösen: Wie geht es weiter? Der Fahrplan Winter 86/87 war schon im Handel, natürlich enthielt er nur das »schienenfreie« Zielnetz, auf der Titelseite mit »Das neue Netz« beworben. Stadt Frankfurt und der FVV boten an, die Linien 23 (Bornheim-Bergen) und 25 (Bornheim-Fechenheim) künftig ganztägig verkehren zu lassen. Damit wäre für die Bewohner der östlichen Stadtteile die Innenstadt an der Haltestelle Bornheim Mitte durch nur einmaliges Umsteigen in die U4 erreichbar gewesen. Aber der Regierungspräsident beharrte auf dem Erhalt der Altstadtstrecke. Auch das Argument der Stadt, man könne aus Wagenmangel nicht gleichzeitig die neuen U-Bahnen und die Altstadtstrecke betreiben, ließ Wierscher nicht gelten. Er verwies darauf, dass auf die vorgesehene Ausmusterung von Straßenbahnwagen verzichtet werden müsse.

Das ungeschickte und auf seinen Positionen beharrende Agieren des erst am 14. August gewählten Oberbürgermeisters Wolfram Brück führte dazu, dass der Konflikt bundesweite bekannt wurde. Der 27. September, Eröffnungstermin der U-Bahnlinien, rückte näher, ohne dass es zu einer Einigung kam. Viele Geschäftsleute und Vereine entlang der Strecke bereiteten sich auf die Eröffnung der U-Bahn vor. Getränke und Verpflegung wurden angeliefert, Tanz- und Musikgruppen engagiert, um das Ende jahrelanger Bauarbeiten mit den damit verbundenen Entbehrungen zu feiern. Nur zwei Tage vor diesem Termin zog Brück die Reißleine und sagte die Eröffnung der U-Bahn ab. Er begründete dies damit, dass die Stadtwerke nicht eine ungenehmigte U-Bahnstrecke betreiben könnten. Die Entscheidung, alle Feierlichkeiten abzusagen und dieses Verbot durch die Polizei überwachen zu lassen, wurde in der Presse als weit überzogen kommentiert. Der damalige SPD-Vorsitzende Martin Wentz kommentierte Wolfram Brücks Agieren mit den Worten »Brück macht Frankfurt bundesweit lächerlich.« Die Einigung
Nun trat in Frankfurt erstmals der Fall ein, dass der aktuelle Fahrplan nicht mit dem aktuellen Angebot übereinstimmte. Der Sommerfahrplan galt weiter, der für über eine Milliarde DM erbaute neue U-Bahntunnel war weiter verwaist. Da an der Bockenheimer Warte ein neuer Gleisbogen eingebaut werden musste, um die neue Linienführung der geplanten Linie 19 zwischen Messe, Bockenheimer Warte und Ginnheim zu ermöglichen, wurde der Abschnitt von der Bockenheimer Warte bis zur Mendelssohnstraße bereits im August stillgelegt und ein Schienenersatzverkehr eingerichtet; die Bahnen fuhren durch die Mendelssohnstraße und Schlossstraße. Glücklicherweise waren noch Semesterferien, das Platzangebot in den Ersatzbussen war ohne den normalen Ansturm der Studenten einigermaßen ausreichend.

Aber nun war der Zeitdruck des geplanten Fahrplanwechsels gewichen und beide Seiten konnten in Ruhe weiter verhandeln.

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