Man fährt elektrisch!

Seiten


Das Unternehmen erhielt den Namen »Frankfurt-Offenbacher Trambahn Gesellschaft (FOTG)« und begann noch 1883 mit dem Bau der Bahn. In der Bevölkerung wurden die Planungen mit einer Mischung aus gespannter Vorfreude und Ängsten ob der unbekannten Technik begleitet.

Von Frankfurt nach Oberrad

Die Frankfurter Zeitung vom 1. April 1883 berichtete, dass für die Stromversorgung der Bahn hässliche Turbinen im Main versenkt werden müssten. Dies stellte sich aber als Aprilscherz heraus und das renommierte Blatt musste eine Gegendarstellung drucken, um die Befürchtungen auszuräumen: »Es werden ausschließlich elektrische Maschinen und Konstruktionen der Herren Siemens & Halske angewendet, welche sich in der Praxis bereits vortrefflich bewährt haben.« Die Gleise wurden in Meterspur verlegt. Zum einen sparte die FOTG Baukosten gegenüber einer normalspurigen Trasse, zum anderen hatte man so eine Alleinstellung in Frankfurt am Main – eine Mitnutzung der Schienen durch andere Bahngesellschaften wurde ebenso erschwert wie eine Übernahme.

Nach einer Bauzeit von nur zehn Monaten wurde der erste Streckenabschnitt ­zwischen dem südlichen Ende der Alten Brücke und Oberrad eröffnet. Die Trambahn fuh­r von der Alten Brücke am Mainufer bis zum Frankensteiner Platz und schwenk­te dann in die Seehofstraße. Nach der Haltestelle Viehhof bog die Bahn nach Süden in die heutige Siemensstraße (!) ab, kreuzte die Trasse der Lokalbahn und unterquerte die Frankfurt-Bebraer Bahn, um an der Haltestelle »Bär’s Felsenkeller« (heute befindet sich hier die Straßenbahnhaltestelle »Mühlberg«) die Offenbacher Landstraße zu erreichen. An der nächsten Haltestelle »Deutsch Herrnmühle« lag die erste Ausweiche der eingleisig angelegten Bahn. Die Konstruktion der Schlitzrohrleitung erforderte neben den Weichen in den Schienen ebenfalls eine aufwendige Weichenkonstruktion für die beiden Kontaktschlitten.

Die nächste Haltestelle »Gasthaus Stölting« war die letzte in Sachsenhausen. Nun ging es in das zu dieser Zeit noch selbstständige, erst 1900 eingemeindete Oberrad. Auch hier gaben Lokale den Haltestellen ihren Namen. Nach dem »Gasthaus Taunus« hielt die Bahn noch am »Frankfurter Hof«, bevor mit der »Centralstation« das vorläufige Ende der Strecke erreicht wurde. Hier befand sich in der Buchrainstraße neben dem Depot auch das Kraftwerk zur Stromversorgung. Für die drei von der Kesselschmiede Ewald Berninghaus in Duisburg gelieferten Kessel wurde eine Tonne Kohle täglich benötigt, um Dampf für das Schwungrad von fünf Metern Durchmesser zu erzeugen. Von diesem wurden über Transmissionsriemen vier Generatoren angetrieben, die schließlich eine Gleichspannung von 300 Volt erzeugten. Die Anlage war so dimensioniert, dass maximal zwölf Triebwagen gleichzeitig im Einsatz sein konnten.

Trambahn bis Offenbach

Schon zwei Monate später, am 10. April 1884, wurde die Verlängerung bis Offenbach fertig und das »O« in FOTG erhielt seinen Sinn. Die gesamte Bauzeit betrug somit nur ein Jahr. Mit ihren 6,7 Kilometern war die Verbindung damals die längste elektrische Straßenbahnstrecke der Welt! Kurz hinter dem Depot war an der Haltestelle »Schöne Aussicht« die zweite Ausweiche angelegt. Vor Offenbach kreuzte die Bahn erneut die Frankfurt-Bebraer Eisenbahn; heute befindet sich hier eine Straßenunterführung. Hier fuhr die Trambahn seinerzeit auch noch durch unbebautes Terrain. Die nächste Haltestelle und gleichzeitig die dritte Ausweiche lagen an der Löwenruhe in Offenbach; hier steht heute der Neubau des Deutschen Wetterdienstes. Entlang der Frankfurter Straße erreichte die Strecke den Marktplatz und die Endsta­tion am Mathildenplatz.

Für den Betrieb wurden zehn Motorwagen (Motorleistung 11,3 kW) und sechs (nach anderen Angaben: sieben) Beiwagen beschafft. Sie stammten von Herbrand & Cie in Köln (mechanischer Teil) sowie Siemens & Halske (elektrischer Teil). Die Fahrzeuge waren dunkelgrün lackiert. Da man jegliche Gefährdung der Passagiere durch die Stromzuführung vermeiden wollte, wurden die Räder aus Holz gefertigt und mit eisernen Bandagen versehen. Einige Beiwagen waren offen. Die Fahrzeuge waren ca. sechs Meter lang und zwei Meter breit. Ihr Fassungsvermögen betrug 24 Personen.

Der Fahrplan sah einen 20-Minuten-Takt etwa zwischen 6 Uhr und 23 Uhr vor. In der Mittagszeit gab es eine Fahrplanlücke, um die beweglichen Teile an den Triebwagen zu schmieren. Eine Fahrt dauerte auf der Gesamtstrecke ca. 25 Minuten, der Fahrpreis betrug 20 Pfennig, an Sonn- und Feiertagen 25 Pfennig.

Seiten

Fotos: 
siehe Bildunterschrift
Weitere Themen aus dieser Rubrik

Der Mensch als Fehlerquelle?

"Ich war doch nur ganz kurz abgelenkt“, zitieren zahlreiche Unfallprotokolle in ganz Deutschland die Fahrer von Stadt- und... weiter

Freiburg vor dem Generationswechsel - Gnadenfrist für die letzten sechs GT8K bis 2017

Die VAG in Freiburg bekommt gerade sechs Niederflurwagen von CAF geliefert – trotzdem mustert sie die letzten sechs hochflurigen GT8K nicht aus. Sie m&... weiter

Wirklich sicher?

Hat er seinen Tod fahrlässig in Kaufgenommen? Noch immer ermittelt die Dortmunder Staatsanwaltschaft, wieso am Pfingstwochenende ein 20-Jähriger zwischen zwei als...

weiter

Das könnte Sie auch interessieren