Herforder Kleinbahnen

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So war das Schicksal der Herforder Kleinbahnen durchaus dem zahlloser anderer Nebenlinien in den Nachkriegsjahren vergleichbar. Die Situation und die Argumente für und wider die Stilllegung haben verschiedene frühere Abhandlungen kenntnisreich dargestellt, so insbesondere die Arbeiten von Rolf Löttgers und Frank Muth in diesem Magazin. Heute würde man manche Fragestellung zum Schienenverkehr in der Fläche sicherlich anders bewerten, wie erfolgreiche Ausbauten elektrischer Nebenbahnen an anderen Orten zeigen, zum Beispiel in Österreich und in der Schweiz. In Deutschland überlebten solche Linien dagegen meist nur im Umfeld größerer Ballungsräume, mit Einbindung in vorhandene oder wieder neu ausgebaute Straßenbahnbetriebe.

Ende in Herford und Bielefeld

Bei der HK verschwand am 29. April 1962 zunächst der Außenabschnitt Exter – Vlotho, die anschließende Strecke bis zum Bahnhof Herford Bergertor folgte am 4. November 1962. Das Netz war damit praktisch halbiert, was die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Kleinbahn noch einmal deutlich schlechter aussehen ließ. Der Personenverkehr am anderen Ende der Strecke endete auf dem nur dünn besiedelten Abschnitt Wallenbrück – Spenge Siedlung am 2. November 1963 (der Güterverkehr am 15. März 1965). Mit der Aufgabe des Personenverkehrs im Herforder Stadtgebiet vom Kleinbahnhof zum Bahnhof Bergertor verlor die Bahn am 30. Juni 1964 auch den Zugang zum Rand der Altstadt (Haltestelle Lübbertor). Mit den letzten Fahrten am Abend des 22. April 1966, einem Freitag, endete schließlich der elektrische Personenverkehr auch auf dem übriggebliebenen Abschnitt nach Spenge-Siedlung, der in den sechs Monaten zuvor ohnehin nur noch als Verstärker der neuen Buslinien zur werktäglichen Hauptverkehrszeit abgewickelt worden war. Der Güteranschlussverkehr innerhalb Herfords lief bis zum 30. Juni 1966, und wenige Monate später waren schon Gleise und Fahrleitung abgebaut, die neueren Fahrzeuge verkauft und die anderen zum größten Teil verschrottet.

Die Bielefelder Kreisbahnen hatten alle Modernisierungen wie im Nachbarbetrieb weitgehend »verschlafen«. Auch nach der Trennung der betrieblichen Gemeinschaft mit der HK gab es verschiedene Bemühungen zur Elektrifizierung nach dem Vorbild des Nachbarbetriebs, sogar die Anbindung an die ebenfalls meterspurige, städtische Straßenbahn war in Planung. Eine Verknüpfung bei Schildesche hätte einen wesentlichen Mangel, die abseitige Lage der Abfahrtstellen im Stadtgebiet, mit relativ einfachen Mitteln beseitigen können. Im nahen Umfeld der wachsenden Großstadt Bielefeld wäre so ein attraktives Vorortbahnnetz entstanden, das sich auch auf das Überleben der Herforder Bahnen positiv hätte auswirken können. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg war der Modernisierungsrückstand so groß, dass sich weder Stadt noch Kreis zur Bereitstellung des nötigen Geldes entschließen mochten. Die arg heruntergekommene Dampfbahn stellte am 13. Februar 1954 den Personenverkehr ein, am 30. April 1955 fuhr der letzte Güterzug nach Enger und am 31. Juli 1956 nach Werther. Die Nebenlinie nach Eckendorf war bereits Jahrzehnte zuvor verschwunden, 1922 fuhr hier der letzte Zug. Einzelne, kürzere Abschnitte befährt heute die Straßenbahn Bielefeld, und auf Sicht ist auch der Anschluss Dornbergs und Jöllenbecks an die Stadtbahn in Planung, wenn auch auf anderer Trasse als jener der früheren Kreisbahn.

Verbliebene Fahrzeuge der Kleinbahnen

Neben den im Kleinbahnmuseum Enger erhaltenen Fahrzeugen finden sich noch einige weitere Fahrzeuge an verschiedenen Stellen. So sind die anderen fünf ehemals nach Borkum abgegebenen Weyer-Personenwagen auch noch vorhanden, zwei ­davon auf der Insel, einer beim Deutschen Eisenbahn-Verein (DEV) in Bruchhausen-Vilsen und weitere zwei bei der Märkischen Museums-Eisenbahn in Plettenberg (davon einer ausgeliehen an die Stadt Bielefeld).

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siehe Bildunterschrift
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