Haben die Kleinbetriebe im Osten eine Zukunft?

Können sich Städte unter 100.000 Einwohnern eine ­Straßenbahn leisten? Noch vor kurzem hieß die Antwort gerne: Nein. Doch die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen durchaus, dass es geht. Zumindest in Gera, Jena, Plauen oder auch Görlitz.
 
Erich Kästner setzte der Kleinstadttram in seinem 1929 erschienenen Kinderroman »Emil und die Detektive« ein Denkmal: Mit der Pferdebahn bringt die Mutter ihren Sohn in der heimatlichen Provinzstadt zum Bahnhof, wo er den Zug nach Berlin besteigt. Gerade einmal vier Kilometer ist die Strecke der Pferdebahn lang, und sie kennt keine festen Haltestellen.

In der Reichshauptstadt lernt der kleine Emil dann eine ganz andere Straßenbahn kennen: die leistungsfähige Elektrische im geschäftigen Großstadtverkehr. Im Eisenbahnzug vom mysteriösen »Herrn mit steifen Hut« bestohlen, folgt er mutig dem Dieb in einen Straßenbahnzug der Linie 177 (Bahnhof Zoo – Lichterfelde-Süd, Eugen-Kleine-Brücke) und fährt mit ihm quer durch Berlin bis Wilmersdorf: »Diese Autos! Sie drängten sich hastig an der Straßenbahn vorbei; hupten, quiekten, streckten rote Zeiger links und rechts heraus, bogen um die Ecke; andere Autos schoben sich nach. So ein Krach! Und die vielen Menschen auf den Fußsteigen! Und von allen Seiten Straßenbahnen, Fuhrwerke, zweistöckige Autobusse! Zeitungsverkäufer an allen Ecken. Wunderbare Schaufenster mit Blumen, Früchten, Büchern, goldenen Uhren, Kleidern und seidener Wäsche. Und hohe, hohe Häuser.«

Meisterhaft hat Erich Kästner in seinem Jugendroman Provinz und Metropole gegenübergestellt, ebenso die Kleinstadttram und die Großstadt-Elektrische. In den 1920er-Jahren fuhren in manchen deutschen Kleinstädten noch Pferdebahnen: in Bad Pyrmont bis 1925, in Döbeln, Stendal und Werder an der Havel bis 1926, in Jüterbog bis 1928, in Stadthagen gar bis 1933. Sicherlich dienten diese Betriebe dem Dichter als Vorbild.

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