Flexity Outlook: Der Rivale

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Als Düwag-Ersatz in Krefeld
Pikant wurde es, als Krefeld, in dessen Stadtteil Uerdingen sich ein großes Siemens-Werk befindet, in dem Combinos gebaut und vor allem ertüchtigt wurden, zur Ablösung der alten Düwag GT8 insgesamt 19 Wagen ausschrieb mit einer Option auf weitere 19 zur Ablösung der nur unwesentlich jüngeren M8C. Die von 1964 bis 1976 gebauten GT8 als klassische Düwags haben vielen Betrieben geholfen zu überleben. Die Wagen, denen nach Jahrzehnten nur Rost wirklich etwas anhaben kann, sind vor allem bei Fahrern und Werkstattpersonal beliebt und hätten sie in den 1960ern schon NF-Mittelteile erhalten, sie führen in Krefeld wohl immer noch. Nachdem drei Hersteller in einer Fahrzeugschau auf dem Betriebshof ihre Produkte – im Stehen – präsentierten, entschied Krefeld sich für das BT-Fahrzeug. Bestellt wurden 19 fünfteilige, 30 Meter lange und 2,3 Meter breite Zweirichtungsfahrzeuge, die 2009/10 ausgeliefert wurden und sehr schnell die Düwags ersetzten, was auch für die Qualität des Flexity Outlook C spricht, die in Krefeld als FOC bezeichnet werden. Die Wagen wirken in ­ihrem rot-weißen Lack durchaus ansprechend und sind inzwischen auf allen vier Krefelder Linien im Einsatz. Ob und vor allem: wann die Option auf weitere 19 Wagen gezogen wird, hängt wesentlich auch von den Finanzierungsmöglichkeiten der Krefelder Verkehrsbetriebe ab.

Großauftrag aus Toronto
Der größte heute existierende Straßenbahnbetrieb Nordamerikas fährt im kanadischen Toronto. Dort hatte man in den 1980er-Jahren mit von Hawker-Sideley beschafften Großraum- und Gelenkwagen die betagten PCC abgelöst. Nun sollen Niederflurwagen nicht nur das bestehende Netz, sondern auch auf den zahlreichen geplanten Neubaustrecken zum Einsatz kommen. Nachdem 2008 schon 204 Outlook bestellt wurden, wurde im Sommer 2010 eine zweite Tranche über 182 Fahrzeuge geordert. Eine Option besteht auf weitere
118 Stück. Damit wäre dies mit zusammen 504 Wagen die größte bisher georderte Niederflurflotte eines Betriebes.
Obwohl die Fahrzeuge für den Betreiber Metrolinx als Flexity Outlook geführt werden, handelt es sich doch um ein neues Fahrzeug. Weniger, was die äußeren Maße der fünfteiligen Wagen betrifft, die 28 Meter lang und 2,54 Meter breit werden. Auch die ungewöhnliche Spurweite von 1.495 mm wäre mit der bewährten Modulbauweise zu meistern. Allerdings sollen die Wagen höhere ­Sicherheitsanforderungen erfüllen als die bisher gebauten Outlook C Serien. Dafür werden höhere Stahlqualitäten verwendet, auf dass der Wagen auch einem seitlichen Aufprall mit 25 km/h standhalten kann. Noch in einer weiteren Spezialität werden sich Torontos Wagen von den anderen Outlook unterscheiden: In Torontos Innenstadt gibt es noch immer Strecken, die mit Trolley statt mit Pantographen betrieben werden. Und so erhalten – zumindest die der ersten Serie – die Torontoer Flexity auch einen Stangenstromabnehmer mit Rolle!
Insgesamt wurden bis heute 860 Outlook C fest geordert, der Typ ist damit die zweithäufigst erworbene System-Niederflurtram der Welt.
Der Neue: Flexity 2
Im Sommer 2009 stellte Bombardier den Flexity 2 vor. Erster Kunde des Fahrzeugs, das eventuell den Outlook C dereinst ablösen wird, ist die Straßenbahn Blackpool, die 16 Zweirichtungswagen orderte. Die 32,2 Meter langen und 2,65 Meter breiten Fünfteiler unterscheiden sich von den bisherigen Outlook vor allem durch die wieder geschweißten Wagenkästen. In Punkto Sicherheit und Fahrkomfort will Bombardier den bewährten Outlook übertreffen, das neue Konzept soll neue Maßstäbe beim Aufprallschutz setzen. BT wirbt damit, die derzeit geltenden Sicherheitsstandards weit zu übertreffen. Der Wagen wird dabei auch mit einem Ferndiagnosesystem ausgestattet sein, was helfen soll, auftretende Störungen schon auf der Strecke zu analysieren und eventuell beheben zu können.
Es scheint derzeit so, als wolle BT die Flexity 2 serienmäßig mit Ultracaps ausrüsten, nicht nur, um damit kurze Fahrten ohne Oberleitung zu ermöglichen, sondern vor allem, um so rund 30 Prozent Energieeinsparung gegenüber heute üblichen Antrieben realisieren zu können. Ob sie auch serienmäßig für die induktive Bombardier PRIMOVE Stromabnahme ausgerüstet werden, ist derzeit noch offen. Vorbereitet ist dien Konstruktion dafür.
Wenn also im Frühjahr 2011 die ersten Flexity 2 in Blackpool zum Einsatz kommen werden, wird die modernste Niederflurtechnik auch in England Einzug halten – zum zweiten Mal in den letzten Jahren nach Sheffield 1994.

Von Stefan Vockrodt

Ein Artikel aus STRASSENBAHN MAGAZIN 02/11

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