Ende der Oberrheinische Eisenbahn- Gesellschaft (OEG)

Nach 99 Jahren endete im März 2010 die Oberrheinische-Eisenbahn-Gesellschaft (OEG) als eigenständiges Unternehmen. Text: Ullrich Müller

 
Die Löschung aus dem Handelsregister Mannheim am 16. März 2010 beendete nach fast 99 Jahren die Existenz der Oberrheinischen Eisenbahn-Gesellschaft AG als Bahnunternehmen. Hauptaktionär war seit 1911 die Stadt Mannheim. Um Ausgaben bei der chronisch defizitären OEG zu sparen, wurden bis Anfang der 1960-Jahre die Vorstands- und Verwaltungsgeschäfte der OEG teilweise in Personalunion mit denen der RHB und der Städtischen Straßenbahn Mannheim-Ludwigshafen geführt. 2010 ist es der Stadt Mannheim endlich gelungen sich von ihrem »Stiefkind« OEG, das sie selbst groß gezogen hatte, zu befreien.

Heute ein Teil der RNV

Seit den 1990er-Jahren verstärkte sich in den an den Defizit-Ausgleichs- zahlungen beteiligten Umlandgemeinden der Unmut über das teilweise ungeschickte Taktieren des letzten OEG Vorstandes und nicht wenige Stimmen forderten damals eine Eingliederung der OEG in den großen MVV Konzern (Mannheimer Verkehrs- und Versorgungs AG). Letztendlich ausschlaggebend waren aber die geänderten EURahmenbedingungen, die einen starken Nahverkehrsbetrieb fordern und der Zwang zu mehr Wirtschaftlichkeit durch Konzentration der Verwaltungen und Verein- heitlichung bei den Fahrzeugen und der Infrastruktur.

Seit im März 2005 die Rhein-Neckar- Verkehr GmbH (RNV) das operative Geschäft aller im Rhein-Neckar-Raum ansässigen Schienennahverkehrs- betriebe übernahm, verschwand auf den Fahrzeugen das OEG–Emblem und die Farbgebung wird nach und nach dem RNV–Farbschema ange- passt. In den letzten Jahren wurde auch in den Bahnhöfen und an den Haltepunkten das eigenständige Äussere der OEG weitgehend durch geänderte Fahrgastinformationstafeln und Wartehallen, gemeinsame Fahrpläne etc. soweit verwischt, dass das Unternehmen OEG kaum mehr als solches wahrgenommen werden konnte.

Eisen-, nicht Straßenbahn

Der Außenstehende mag ob des straßenbahnmäßigen Aussehens der Fahrzeuge meinen, die OEG sei eine Straßen- oder Überlandbahn ge- wesen. Weit gefehlt. ImLand Baden gab es dem Gesetz nach weder »Kleinbahnen« noch »nebenbahnähnliche Straßenbahnen« oder »straßenbahnähnliche Kleinbahnen« wie z.B. in Preußen. In Baden wurde seit je her nur zwischen Eisenbahnen – eingeteilt in Haupt- und Neben- bahnen – und Straßenbahnen unterschieden. Da die OEG besonders in den Anfangsjahren überwiegend vom Güterverkehr lebte, lag es nahe, diese als Nebenbahn zu konzessionieren, zumal die Straßenbahnen um 1887 noch in den Kinderschuhensteckten und erst viel später sich Be- griffe wie Überlandbahn, Vorortbahn oder Stadtschnellbahn entwickelten. Als Nebenbahn war die OEG an die Eisenbahn-Verkehrs- ordnung (EVO) gebunden und konnte am Wechselverkehr der Staatsbahnen und mit anderen Privatbahnen teilnehmen, d.h. die OEG-Bahnhöfe waren Tarif- punkte im deutschen Tarifnetz der Eisenbahnen. So konnte eine durchgehende Fahrkarte z. B. vom Tegernsee (Tegernseebahn) zu einem beliebigen Bahnhof der OEG gelöst werden. Dasselbe galt fürden Wagenladungs-, Gepäck-, Express- und Stückgut- verkehr. Am OEG-Bahnschalter konnte der Kunde eine Fahrkarte lösen und sein Gepäck aufgeben oder eine Wagenladung zum Versand an- melden.

Für den Bau der Strecken und den Betriebsablauf galten die Bau- und Betriebsordnung für Schmalspurbahnen (ESBO), die Eisenbahn- Signal- ordnung (ESO) und die entsprechenden Fahrdienstvorschriften für die Durchführung von Zugfahrten. Die technische Aufsicht wurde von der staatlichen Bahnaufsicht bzw. vom »Landesbevollmächtigten für Bahn- aufsicht«(LfB) im Auftrag der Landes-Bahnaufsichten ausgeführt.

Der LfB war in aller Regel der Leiter des Bahnbetriebsamtes gemeinsam mit dem des Maschinenamtes, in dessen Bezirk die zu beaufsichtigende NE-Bahn lag. Im zweijährigen Turnus führt der LfB Streckenbereisungen durch, um sich von der Ordnungsmäßigkeit des Bahnbetriebes zu über- zeugen.

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