Einer wurde zur ­»Bönnschen Bimmel«

Seiten


Der 22. Dezember 1976 war der letzte ­Betriebstag der Linie 3. Einer der Triebwagen trug einen Kranz mit einer Schleife und der Aufschrift »Im stillen Gedenken«. Die drei an diesem Tag eingesetzten Garnituren (319+332, 327+334, Reserve 328+333) wurden noch in der Nacht, zusammen mit den weiteren in Friesdorf stehenden Fahrzeugen (Tw 316, 321, 322, 324) in den Betriebshof Beuel »abgefahren«. Ab 23. Dezember übernahm eine neue Buslinie 18 die Aufgaben der Straßenbahn mit dichterem Takt und erweiterter Streckenführung. Als Verbesserung wurde dieses besondere »Weihnachtsgeschenk« von den Fahrgästen aber nicht empfunden, denn die Busse waren häufig überfüllt und zudem unpünktlich – anders als bei dem stets wie ein Uhrwerk funktionierenden »Bähnchen«. Mit dem Entfall des durchgehenden Liniensignals gab es auch die Möglichkeit zur Nutzung der Hausfrauenkarte zur Fahrt nach Bonn nicht mehr, was bei den Kunden ebenfalls nicht zur Beliebtheit der Umstellung beitrug. Die Fahrleitung der Straßenbahn wurde noch vor Jahresende fast vollständig entfernt, die Gleise folgten nach und nach und zunächst auf dem eigenen Bahnkörper, der zur Verbreiterung der Straße genutzt wurde. Was aus den Wagen wurde
Die nach Beuel transportierten Dreiachser wurden dort 1975 und 1977 zerlegt, nachdem ein Verkaufsangebot keine Resonanz gefunden hatte. Drei Trieb- und einen Steuerwagen erwarb das Deutsche Straßenbahnmuseum (DSM) in Wehmingen bei Hannover. Davon ist heute in dessen Nachfolge HSM ein Zweiwagenzug aus Trieb- und Steuerwagen (Tw 334, StW 358) geschützt unter Dach und aufgearbeitet zu ­sehen. Er hält dort die Erinnerung an die einstige komfortable »Diplomatenbahn« aufrecht.
Der Achtachser fuhr noch bis 1985 unter seiner alten Nummer und erhielt dann die SSB-Nummer 415. Er war bis 1995 im Einsatz und ging zusammen mit den übrigen Achtachsern nach Sofia.

Die »Bönnsche Bimmel«
Die beiden Dreiachser 313 und 314 von 1950 wurden 1975 zu den Arbeitswagen A31 und A32 und blieben als Werkstatt- und Schweißwagen weiterhin in Friesdorf stationiert. Der A31 wurde dabei baulich verändert. Als die Fahrzeuge zu Beginn der 1980er-Jahre zur Ausmusterung anstanden wurde man sich des historischen Wertes zum Glück bewusst und hielt den weitgehend im alten Zustand befindlichen A32 zurück. Ab 1987 erfolgte der Umbau in den Partywagen 14 »Bönnsche Bimmel«, seit 1989 steht er in dieser Form zur Verfügung. An seine ursprüngliche Einsatzstrecke erinnert in dem Wagen aber nicht mehr viel. Erhalten blieb auch der 1955 neukarossierte Triebwagen 1, der ab 1967 nur noch für innerbetriebliche Zwecke verwendet, aber erst 1975 als A42 dem Dienstwagenbestand zugerechnet wurde. Er gelangte nach Inbetriebnahme der Stadtbahn nach Beuel und war dort bis 1990 vorhanden. Anschließend übernahm ihn die Museums­tram Amsterdam.  Axel Reuther

Noch mehr Bilder und Infos finden Sie im Heft STRASSENBAHN MAGAZIN 07/11!

Seiten

Tags: 
Weitere Themen aus dieser Rubrik

Der Mensch als Fehlerquelle?

"Ich war doch nur ganz kurz abgelenkt“, zitieren zahlreiche Unfallprotokolle in ganz Deutschland die Fahrer von Stadt- und... weiter

Freiburg vor dem Generationswechsel - Gnadenfrist für die letzten sechs GT8K bis 2017

Die VAG in Freiburg bekommt gerade sechs Niederflurwagen von CAF geliefert – trotzdem mustert sie die letzten sechs hochflurigen GT8K nicht aus. Sie m&... weiter

Wirklich sicher?

Hat er seinen Tod fahrlässig in Kaufgenommen? Noch immer ermittelt die Dortmunder Staatsanwaltschaft, wieso am Pfingstwochenende ein 20-Jähriger zwischen zwei als...

weiter

Das könnte Sie auch interessieren