"Einer für alle" – der Flexity Berlin

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Auf dieser Basis startete die BVG im Jahre 2002 ein Präqualifikationsverfahren, an dem sich sechs Anbieter beteiligten. Zudem hatten alle diese Anbieter die Möglichkeit, ihre Produkte im Berliner Netz vorzuführen. Dies nutzten Siemens im Herbst 2004 mit der Präsentation eines Wiener ULF und im Frühjahr 2005 Bombardier mit einem Incentro aus der aktuellen Lieferung für Nantes. Im Mai 2005 veröffentlichte die BVG auf dieser Basis eine europaweite Ausschreibung zur Beschaffung von Straßenbahnen. Entgegen der sonst üblichen Praxis der sofortigen Bestellung einer größeren Serie war zunächst mit vier Vorserienfahrzeugen die Tauglichkeit der angebotenen Wagen nachzuweisen, bevor eine Option auf bis zu 206 weitere Bahnen eingelöst wird.

Vier verschiedene ­Vorserienfahrzeuge

Die Vorserienfahrzeuge sollten als Ein- und als Zweirichtungswagen sowie in kurzer und langer Version (für ca. 180 und ca. 250 Fahrgäste) geliefert werden, um so alle künftig geplanten Varianten zu testen. Der größte Teil des Berliner Straßenbahnnetzes erlaubt inzwischen den Einsatz von 2,40 Meter breiten Wagen, so dass diese Breite in der Ausschrei­bung vorgegeben wurde (GT6N 2,30 m; Tatra 2,18 m). Bei Angebotsschluss im Oktober 2005 lagen vier Offerten vor. Am 5. September 2006 erhielt Bombardier Transportation den Zuschlag zur Lieferung der genannten Fahrzeuge aufgrund des wirtschaftlich günstigsten Angebots, unter anderem mit Blick auf die Lebenszykluskosten (LCC) und den spezifischen Energieverbrauch. Auf Basis des nach Nantes und Nottingham gelieferten Incentro hatte Bombardier den »Flexity Classic 100 N« offeriert, mittlerweile etwas griffiger als »Flexity Berlin« bezeichnet. Die vier Vorserienfahrzeuge werden für insgesamt etwa 10 Millionen Euro eingekauft.

Neues Design

Die Firma IfS designatelier gestaltete im Anschluss an die Auftragserteilung nach Vorgaben der BVG die Außenansicht, Innenraum und Fahrerkabine. Vorgegeben war eine streng funktionale Gestaltung bei eigenständigem Erscheinungsbild. Das Ergebnis des Gestaltungsprozesses wurde am 13. April 2007 gemeinsam präsentiert. Die Detailgestaltung des Fahrerarbeitsplatzes erfolgte Mitte 2007 gemeinsam mit zehn ausgewählten Fahrern an einem hölzernen Mock-Up. Im Herbst 2007 begann im Bombardier-Werk Bautzen die Rohbaufertigung der vier Vorserienfahrzeuge. Eine symbolische erste Schweißnaht wurde offiziell am 29. Oktober 2007 durch Vertreter der BVG und des Herstellers gelegt. Am 13. Mai 2008 begann der Umbau eines bisher für Tatras genutzten Werkstattgleises im Betriebshof Lichtenberg mit dem Vertiefen der Arbeitsgrube und der Anpassung eines Hebestandes.

Der erste »Lange«

Nachdem die vier Wagen im Sommer 2008 in Bautzen Gestalt annahmen und nach der dynamischen Inbetriebnahme des ersten Wagens 8001 eine Einweisung ausgewählter Fahrer und Fahrlehrer stattfand, traf am 9. September gegen 5 Uhr früh der einsatzbereite 8001 in Berlin auf dem Betriebs­hof Marzahn ein. In den Tagen danach folgten Abnahme- und Probefahrten. Der Presse vorgestellt wurde das Fahrzeug am 19. September 2008 auf dem Betriebshof Lichtenberg im Beisein der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (Die Linke) und von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Am 20. September 2008 präsentierte die BVG am Alexanderplatz diesen Wagen einer interessierten und überaus zahlreichen Öffentlichkeit. Um 10 Uhr startete die erste Fahrgastfahrt auf einem Rundkurs über Greifswalder Straße, Danziger Straße und Landsberger Allee; am 21. September fanden weitere, bestens besuchte, Fahrten statt. An beiden Tagen zählte man ungefähr 3000 neugierige Fahrgäste, von denen ein Teil in einer Kundenbefragung vor Ort erste Meinungen abgeben konnte. In den folgenden Tagen und Wochen war das Fahrzeug zu Schulungs- und Werkstattfahrten unterwegs. Für den zunächst benötigten Fahrerpool wurden wöchentlich je drei Mitarbeiter ausgebildet.

Einsatz ab 20. Oktober

Ab 20. Oktober 2008 befand sich Wagen 8001 dann im Fahrgastbetrieb auf der M 4 zwischen Alexanderplatz und Zingster Straße zusätzlich zum regulären Fahrplan. Wagen 9001 war im September auf der Fachmesse Innotrans zu sehen und kam anschließend zurück zum Hersteller. Um den Jahreswechsel 2008/2009 lieferte Bombardier schließlich die drei Wagen 3001, 4001 und 9001 fahrbereit nach Berlin. Seit Februar 2009 befinden sich alle Fahrzeuge auf den Linien M2, M 4 und M 5 im Fahrgastbetrieb.

Technische Beschreibung

Die kurze Variante GT6-08 besteht aus drei Laufwerk- und zwei freischwebenden Modulen (»Sänften«), die lange Ausführung GT8-08 aus vier Fahrwerk- und drei »Sänften«-Modulen.

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siehe Bildunterschrift
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