Ein Tunnel für Karlsruhe

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Im Einzelnen ist Folgendes geplant:
  • Bau eines T-förmigen Stadtbahntunnels zwischen Mühlburger Tor und Durlacher Tor (2,4 km mit vier Haltestellen) mit Abzweig Marktplatz – Kongresszentrum (1,1 km mit drei Haltestellen); am Marktplatz entsteht ein unterirdisches Gleisdreieck.
  • Überdeckelung der Kriegsstraße mit neuer, oberirdischer Straßenbahnstrecke zwischen Karlstor und Mendelssohnplatz im Zuge einer neuen Schienenverbindung zwischen Europaplatz und Tullastraße via Ettlinger Tor. So entsteht eine neue zentrumsnahe Parallelstrecke zur heutigen Hauptachse durch die Fußgängerzone Kaiserstraße.

Neubaustrecke Kriegsstraße

Der gesamte Neu- und Umbaubereich ähnelt also im Schienennetz einem »Doppel-T«. Zwischen Europaplatz und Kronenplatz sowie Marktplatz und Kongresszentrum entfallen die oberirdischen Gleise. Vom Mühlburger Tor bis zum Europaplatz und vom Kronenplatz bis zum Durlacher Tor wird es sowohl oberirdisch als auch im Tunnel Gleise geben. Zwischen Tullastraße und Mendelssohnplatz folgt die neue oberirdische Bahn zunächst der Schlachthaus- und dann der Kriegsstraße, auf deren östlichem Abschnitt bereits ein für die Straßenbahn freigehaltener Mittelstreifen existiert. Mehrere Ziele will man erreichen: Zunächst die Fußgängerzone oberirdisch entlasten und den so gewonnenen Platz als zusätzlichen Bewegungsraum und für die Gestaltung von Aufenthaltszonen (z.B. Straßengastronomie) nutzen. Für den Bahnbetrieb sollen zusätzliche Kapazitäten entstehen und eine betriebliche Verbesserung und Entlastung durch Entschärfung von Konfliktpunkten erreicht werden. Einer Verschlechterung der Erschließungsqualität, wie sie so oft bei Tunnelbauten in anderen Städten der Fall war, soll durch eine annähernd identische Haltestellenanordnung im Zuge der Tunnelstrecke entgegengewirkt werden. Zudem sind direkte Zugänge zu mehreren Kaufhäusern aus der Tunnelebene heraus geplant. Schließlich soll im Bereich Kriegsstraße unter dem Stichwort »City 2015« eine städtebauliche Entwicklung im Sinne einer Zentrumserweiterung erfolgen; um dies überhaupt zu ermöglichen, soll die dortige, trennende Straßenschlucht überdeckelt und dann oberirdisch mit einer zusätzlichen Straßenbahntrasse belegt werden. Beides zusammen eröffnet Entwicklungsmöglichkeiten, die heute nicht gegeben sind. Mit dem »Ettlinger Tor Center« ist dort bereits ein neuer Einkaufsmagnet entstanden, und es ist auch bereits eine Umorientierung der Fußgängerströme in diese Richtung zu vermerken. Von den rund 540 Mio. Euro Gesamtkosten entfallen 370 Mio. Euro auf die Stadtbahntunnel und 170 Mio. Euro auf die Achse Kriegsstraße; das Land hat bereits 20 Prozent Förderung zugesagt, von 60 Prozent Bundesförderung darf man ausgehen, so dass 20 Prozent kommunaler Eigenanteil verbleiben.

Baubeginn schon 2009?

Wenn es mit dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens so klappt wie geplant, könnte 2008 die Ausschreibung der Bauleistungen erfolgen und 2009 Baubeginn sein; man rechnet dann mit einer Betriebsaufnahme im Tunnelbereich etwa 2016 und anschließend mit dem Bau des Abschnitts im Zuge der Kriegsstraße, wo dann etwa 2020 Betriebsbeginn sein könnte. Für die Bauausführung der Tunnelabschnitte ist der Schildvortrieb vorgesehen, die Haltestellenbereiche sollen in Deckelbauweise entstehen, damit die doch über einige Jahre reichende Bauphase im Wesentlichen ohne Beeinträchtigung der »oberirdischen Welt« ablaufen wird. Bei über einem Jahrzehnt Bauzustand im zentralen Netzbereich stellt sich schon die Frage nach den Betriebsabläufen während dieser Zeit. Dazu gibt es bislang kaum belastbare Informationen, während die danach zu erwartenden Neuordnungen im Netz zumindest – verfahrensgemäß Pflicht – den diesbezüglichen Annahmen im »standardisierten Bewertungsverfahren« entnommen werden können. Danach wird die Kriegsstraße im zentralen Teil von den Linien 6 (Hauptbahnhof – Karlstor –Tullastraße – Durlach) und 7 (Hauptbahnhof – Mendelssohnplatz – Karlstor – Rheinstrandsiedlung) bedient. Alle S-Bahnen fahren weiter via Fußgängerzone (tief). Ob es auch so kommen wird? Lassen wir uns überraschen.

Karlsruhe 2008 – Karlsruhe 2020

Politik ist die Kunst des Möglichen und der Kompromisse, das sollte man sich immer bei der Bewertung von Maßnahmen jeder Art vor Augen halten. Was ist besser, was ist schlechter als ein Ausgangszustand? Davon haben oft viele Beteiligte und Betroffene ganz unterschiedliche Vorstellungen. Das wird in diesem Fall kaum anders sein, daher möchte sich der Verfasser im Folgenden auf wenige Abwägungen beschränken, die eine grundsätzliche Einschätzung der Tunnelplanung Karlsruhe ergänzen sollen.

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Fotos: 
T. Naumann, M. Kochems
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