Dortmund: Abschied von der Oberfläche

Dritter Haupttunnel und Niederflur für Dortmund: Parallel dazu beginnt auch das Niederflurzeitalter, die letzte oberirdische Innenstadtstrecke aber wird eingestellt. Von Bernd Zander und Fred Teppe.

 
Mit Ratsbeschluss aus dem Jahre 1966 begann am 22. Oktober 1969 der Stadtbahnbau mit dem ersten Rammschlag im Bereich der alten Femlinde, südlich des Hauptbahnhofes, unmittelbar neben der heutigen gläsernen Bibliothek. Deren Fundament liegt nur einen Hauch weit vom Betonkörper des Fahrtunnels I entfernt, der die Linien U41, 45, 47, 49 beheimatet.

Den eigentlichen Bauarbeiten für die Tunnelanlagen gingen unzählige Begleitarbeiten voraus. Zum einen galt es, diverse Versorgungsleitungen aus dem Wege zu räumen, zum anderen, anstehendes Grundwasser zu beherrschen, da speziell in der nördlichen Innenstadt nach starken Regenfällen immense Probleme auftreten konnten, die die vorhandenen Pumpwerke  nicht immer meistern konnten. Die nördliche Innenstadt liegt bei etwa 60 m über NN, jedoch steigt das Gelände drumherum nahezu überall an – bis zu 250 m im Süden.

Hier liegt auch eine weitere Besonderheit; alle Tunnel steigen nach Süden an, teilweise erheblich. Ein großer Vorteil lag aber in der Beschaffenheit des Untergrundes, da Dortmund auf festem Gestein steht. Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass man z. B. im Bereich des Bahnhofes Brügmannplatz (U42/46) Fließsande vorfand, sowie diverse, nicht immer erfasste Bergbaustollen antraf, die es zu verfüllen galt.

Von Nord nach Süd: Der Haupttunnel I

Zu Baubeginn stand vornehmlich die offene Baugrube zur Verfügung, die am eckigen Tunnelquerschnitt deutlich erkennbar ist. Im Verlauf des Tunnels unter der Mallinckrodtstraße musste zuerst ein Vorfluter von gut 2 m Durchmesser verlegt werden, der sowohl Grund- als auch Regenwasser ableitet, damit der Kastentunnel nicht aufschwimmen konnte. Im Bereich des Bahnhofes Leopoldstraße entstand einemächtige Baugrube, da hier ein viergleisiger, in zwei Ebenen liegender Verzweigungsbahnhof mit mittig liegender zweigleisiger Kehranlage (für bis zu 14 B6) errichtet wurde. Das Gelände war durch den Abbruch des ehemals hier angesiedelten Schlachthofes glücklicherweise frei. Die folgende Tunnelanlage mit der Haltestelle Hauptbahnhof war ebenfalls nicht zu unterschätzen.

Wer die Anlage kennt, wird sich zuweilen über den parallel verlaufenden Fußgängertunnel zwischen Innenstadt und Nordstadt wundern. Der Hauptbahnhof wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf eine Damm verlegt, den es nun zu unterfahren galt. Hierzu mussten sämtliche Gleise und Bahnsteige (Dortmund hat einen der ganz großen Bahnhöfe Deutschlands!) auf Hilfsbrücken verlegt werden, bevor der Fahrtunnel erstellt werden konnte. Als »Abfallprodukt« konnte jener Fußgängertunnel mit erstellt werden.

Der folgende Verlauf in Richtung Kampstraße weist eine deutlich wahrnehmbare S-Kurve auf. Sie resultiert sowohl durch die offene Bauweise, als auch durch die Umfahrung vorhandener Gebäude. Der Bahnhof Kampstraße, und auch der anschließende Bahnhof Stadtgarten wurden sogleich in offener Grube als Kreuzungsbahnhöfe erstellt, wobei im Bahnhof Kampstraße nun die aktuelle Eröffnung der U43/ U44 stattfinden wird, also gut 35 Jahre nach Baubeginn.

Im Bahnhof Stadtgarten werden die Linien U42/U46 gekreuzt, ferner befindet sich hier die unterirdische technische Leitstelle (Rolltreppen, Aufzüge, Licht usw.) und das ebenfalls unterirdische Stellwerk für alle Bahnlinien. Auch dieser Bahnhof wurde in offener Bauweise erstellt. Der weiterführende Tunnel in Richtung Süden entstand ebenfalls in offener Grube. Erst nach deren Fertigstellung wurde verstärkt, ja nahezu ausschließlich die NÖT (Neue Österreichische Tunnelbaumethode) eingesetzt. Der Nutzer kann es an den Tunnelbauformen gut erkennen.

Ergänzungstunnel II und III

Der bislang dargestellte Tunnel, auch als »römisch I« bekannt, galt als Haupttunnel des Stadtbahnsystems, das durch den Tunnel II und den neuen Tunnel III ergänzt werden sollte. Tunnel I verbindet, wie der maßstäblichen Kartenskizze zu entnehmen ist, die nördlichen Stadtteile mit den südlichen, wobei – von einem geländebedingten Einschnitt abgesehen – nur Hörde über eine 100%ige »U-Bahn« bedient wird. Zudem war es Hörde, die bis 1928 selbständige Kreisstadt, wo als Erstes eine U-Stadtbahneröffnung stattfand. Hier wurde der Tunnel am 27. Mai 1983 eröffnet, und zwar fand der Anschluss genau im Geländeeinschnitt statt, da hier die vorhandene Straßenbahntrasse problemlos mit dem Tunnel verbunden werden konnte. Erst ein Jahr später, am 2. Juni 1984, wurde der erste Innenstadttunnel dem Verkehr übergeben.

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DSW, Teppe, Zander
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