Der »Übergangsstadtbahnwagen«

Von 1978 bis 1982 erwarben die Dortmunder Stadt­werke insgesamt 54 Doppelgelenkstadtbahnwagen des Typs N8C. Diese dienten bis zum Ausbau des Stadtbahnnetzes für den 2,65 Meter breiten B-Wagen als »Übergangslösung«. Ende 2010 verlässt der letzte Wagen Dortmund in Richtung seiner neuen Heimat Danzig. Von Bernd Zander, Fred ­Teppe

 
Als letzte Neuwagen für die Straßenbahn hatten die Stadtwerke Dortmund 1974 nochmals fünfzehn GT8 beschafft, so dass insgesamt 91 Wagen dieser Type vorhanden waren. Die letzten neuen GT8 ersetzten die letzten Zweiachser, wenngleich diese auch nur noch als Einsatzwagen unterwegs waren. Da sich eine Anpassung der GT8 für einen späteren Einsatz im Stadtbahntunnel nicht rechnete – es hätten die kopfseitigen Türen umgebaut werden müssen, Doppelscheinwerfer, Signaltechnik und Totmannschaltung eingebaut werden müssen –, mussten künftig »andere«, tunneltaugliche Wagen her. Die Zulaufstrecken der zukünftigen Stadtbahnstrecken waren aber noch keineswegs für den Betrieb mit Stadtbahn­wagen B ausgebaut, so dass dieser Fahrzeugtyp nicht ohne Weiteres einsetzbar gewesen wäre. Wesentliche Strecken, die mit ­In­betriebnahme des Nord-Süd-Stadt­bahntunnels ersetzt wurden, hätten wegen der B-Wagenbreite von 2,65 Meter für nur rund sechs Jahre Restbetrieb komplett erneuert werden müssen, eine absolut unwirtschaftliche Investition. Da in den westlichen Nachbarstädten des Rhein-Ruhr-Gebiets bereits stadtbahntaugliche neue Straßen-/Stadtbahnwagen des Typs »M« (Meterspur) im Einsatz waren, lag es nahe, sich für den »N«-(Normalspur)-Wagen in achtachsiger Ausführung zu entscheiden. Zudem gab es ihn bereits mit elektronischer Choppersteuerung, wohingegen seine ersten Ausführungen noch über Schützensteuerung verfügten. Der N8C war also genau die richtige Übergangslösung zur Stadtbahn mit den breiten B-Wagen, zumal er später auch auf den verbleibenden Straßenbahnstrecken eingesetzt werden konnte. Auch näherten sich die ältesten GT8 von 1959 allmählich dem Ende ihrer Lebenserwartung. So berichtete die Lokalpresse in Dortmund am 8. März 1977 über eine Bestellung von 20 N8C für die Dortmunder ­Stadt­werke.

Die erste Serie rollt an

Im Oktober 1978 erreichte der erste N8C auf einem Eisenbahntieflader am Gleis­lager Westerholz die Dortmunder Stadtwerke. Hier wurde er mittels Winden abgeladen. Am 31. Oktober 1978 fand im Betriebshof Westfalendamm die Taufe des ersten neuen N8C statt. Wagen 101 stand zwischen seinen Vorgängern, die eine beeindruckende Wagenparade bildeten. Nach diversen Einstellungsarbeiten ging der Erstling auf seine ersten Testfahrten. Zuvor waren etlichen Stellen im Streckennetz mit Begegnungsverboten versehen worden. Denn der Stadtbahnwagen N8C wies bei gleicher Breite von 2.300 mm – wie seine Vorgänger – in den Kurven einen größeren Wagenkastenüberhang auf. Geschuldet war dies der recht kantigen Front, die aber ihrerseits dazu beitrug, dass zumindest ein Türflügel der vorderen kopfseitigen Türen des Zweirichtungswagens im geraden Bereich des Fahrzeugkastens lag, also parallel zu den zukünftigen Bahnsteigkanten.

Ersteinsatz auf Linie 5

Nach weiteren Testfahrten, und natürlich den notwendigen Fahrerschulungen, begann der Linieneinsatz am 8. Januar 1979 mit N8C 105 auf der Linie 5 zwischen Mengede und Hacheney/Tierpark. Der Einsatz wurde ständig ausgeweitet, bis alle 20 Neuwagen in Betrieb waren. Somit war die erste Serie mit den Wagen 101–120 komplett. Gleichzeitig wurden die letzten GT4 (Schüttelrutschen) freigesetzt; die letzten Schaffner waren entbehrlich geworden. Für das Fahrpersonal und die Fahrgäste ergaben sich nun einige Änderungen: Der Fahrer hatte jetzt einen Fahrbefehlsgeber und brauchte keine Kurbel mehr zu drehen, zudem war das Armaturenbrett nun recht üppig bestückt, da die Funktionen für den zukünftigen Stadtbahnbetrieb bereits eingebaut waren. Die Fahrgäste profitierten von einer Schwenkschiebestufe, die beim Fahrgastwechsel im Straßenplanum die Tritthöhe minimierte, auch kamen sie in den Genuss gepolsterter Sitze, gegenüber den bisher üblichen Holzsitzen der Vorgängertypen. Zudem wiesen die Wagen erstmals Kompaktkupplungen des Herstellers BSI auf, während bislang allenfalls Albertkupplungen im Einsatz waren. Die N8C waren also auch für den Einsatz in Zugverbänden tauglich. Im Innern waren die Wand- und Deckenflächen in weißer Resopalausführung, ebenso die beiden Gelenkportale, die zudem noch, wie beim GT8, »rund« waren. Nach nicht einmal einem Jahr Einsatzzeit führten die N8C keine einstelligen Liniennummern mehr, da ab 1. Januar 1980 der Verkehrs-Verbund Rhein-Ruhr mit dreistelligen Liniennummern startete. In jenem Jahr wurden rund 75 Mio. Fahrgäste befördert – in 2009 waren es 140 Mio.!

Eine zweite Serie kommt

Nach den guten Erfahrungen mit der ersten Serie wurden 23 weitere Wagen bestellt, die ebenfalls per Eisenbahntieflader in Dortmund ankamen. Die Wagen 121–143 wurden ab 1980 ausgeliefert. Sie unterschieden sich von der ersten Serie im Bereich der Fahrzeugfronten durch eine andere Anordnung von Scheinwerfer zu Brems-/Rücklicht und Blinker und eine andere Größe.

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