"Chruschtschow" und "Hannibal" im Revier

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Bei den drei Sechsachser 361, 362 und 363 handelte es sich prinzipiell um zwei 9,3 m lange Dreiachser, die jeweils über ein Gelenk mit einem 2,7 m langen schwebenden Mittelteil verbunden waren. Die beiden Dreiachsteile waren wagenbaulich und elektrotechnisch vollkommen identisch ausgeführt. Die beiden Motoren mit einer Leistung von je 60 kW wurden über einen kurbelbedienten Einheitsfahrschalter betätigt. Von den beiden Pantographen musste der jeweils in Fahrtrichtung vordere angelegt sein.

Vom »Chruschtschow« zum »Hannibalwagen«

Da an beiden Enden der Gelenkwagen je ein Schaffnersitz in Fahrtrichtung rechts vorhanden war, wurde mit diesen Wagen der Fahrgastfluss von hinten nach vorne eingeführt. Neu im Gegensatz zu den Oberhausener Dreiachsern und äußerlich recht auffällig waren die sechs identischen elektrischen Doppelfalttüren der Firma Kiekert (lichte Weite 1,3 m), von denen ein Türpaar im schwebenden Mittelteil angeordnet war. Dank ihrer »fließenden« Frontgestaltung mit der geschwungenen, dreiteiligen Frontscheibe wirkten die Wagen ungleich moderner. Auch die elektrischen Scheibenwischer waren eine Weiterentwicklung. Zudem hatte der Schaffner bei Gefahr nun die Möglichkeit, über einen separaten Fußkontakt die Schienenbremse auszulösen. Da die Fahrzeuge bei voller Besetzung – maximal konnten 178 Fahrgäste befördert werden – aufgrund ihres hohen Gewichtes sehr behäbig fuhren, erhielten sie vom Fahrpersonal den Spitznamen »Chruscht­schow« (nach dem zur damaligen Zeit amtierenden sowjetischen Staatspräsidenten).
Nachdem die Fahrzeuge trotz ihrer geringen Motorleistung im steigungsarmen Oberhausen insgesamt überzeugten, beauftragte die STOAG die Firma Westwaggon 1960 zum Bau vier weiterer Exemplare. Diese erhielten allerdings vier Antriebe mit je 60 kW Leistung und waren damit doppelt so stark motorisiert als ihre Vorgänger. Sie waren somit grundsätzlich auch auf sämtlichen steigungsreichen Strecken im benachbarten Mülheim und auch in Essen einsetzbar. 

Schneller, stärker, schwerer

Die neuen, stärkeren Fahrzeuge mit den Nummern 364 – 367 waren etwas länger (22 Meter), schneller (65 km/h) und vor allem schwerer: Beachtliche und elefantenhafte 26 Tonnen Leergewicht brachten ihnen beim Fahrpersonal schnell den Spitznamen »Hannibalwagen« ein. Auch die vier nachbestellten Sechsachser wanderten auf die Linie 1, so dass die sechs Oberhausener Kurse dieser Gemeinschaftslinie komplett mit den Gelenkwagen bestückt werden konnten und noch ein Wagen als Reserve vorhanden war. Die Nachfrage dieser Linie rechtfertigte den ganztägigen Einsatz der geräumigen Fahrzeuge und in Oberhausen-Holten entfiel das aufwendige Umrangieren, das beim Einsatz von Garnituren aus Trieb- und Beiwagen nötig war. Auf Mülheimer Seite in Saarn wurde inzwischen über ein Gleisdreieck gewendet, das Ende 1960 gebaut worden war. Mülheim investierte dafür 600.000 DM, weil man sich nur wegen der zwei auf der Linie 1 gestellten Kurse nicht extra Zweirichtungswagen anschaffen wollte. Für 1964 plante man die Anschaffung dreier sechsachsiger Einrichtungsgelenkwagen, welche Düwag in jenem Jahr dann auch lieferte (Tw 247 – 249).

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siehe Bildunterschrift
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