Bremens Großraumwagen
Alles konnte nur langsam wieder angegangen werden, stockender Materialnachschub erschwerte die Gesamtlage überdies. Improvisation war gefragt und geriet oft an ihre Grenzen.
Neue Fahrzeuge waren dagegen lange Zeit nicht in Sicht. Die bei den »Bremer Maschinenbau und Dockbetrieben« (BMD) zwischen 1947 und 1949 nach Vorbild der Lindner-Triebwagen von 1940/41 gebaute Serie der Zweiachstriebwagen 700 – 724 mit dazu gehörenden Beiwagen war gewissermaßen der erste »Neubau« nach Kriegsende, wobei teilweise nicht zerstörte Wagenteile von Vorkriegseinheiten mit verwendet wurden.
Es gelang, die Anforderungen der frühen Nachkriegsjahre mit den wieder aufgebauten Triebwagen und den »700ern« mehr oder weniger gut zu bewältigen. Doch das änderte nichts daran, dass Anfang der 50er-Jahre eine Verjüngung des angeschlagenen Wagenparks immer dringender wurde. Der Fahrzeugbestand geriet elektrisch wie vom allgemeinen Unterhaltungszustand her an den Rand seiner Leistungsfähigkeit. Auch wenn das Geld knapp war: Es brauchte einen Neubeginn. Die erste Serie
Der moderne vierachsige Großraumwagen stand 1950 erst in einigen wenigen Exemplaren in Deutschland im Einsatz. Hansa-Waggon, die im März 1946 gegründete Nachfolgerin der Norddeutschen-Waggonfabrik, beschäftigte sich seither mit der Reparatur von Wagen für die Reichsbahn und von Straßenbahnfahrzeugen. 1951 hatte man hier gerade einen Straßenbahnwagen für Osnabrück gebaut, der zwar aussah wie ein Großraumwagen, aber dennoch eher einer Weiterentwicklung von zweiachsigen Fahrzeugen entsprach.
Bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) gab es längst Planungen und Entwürfe für einen modernen Fahrzeugtyp, der die ältesten der altersschwachen Zweiachser ablösen sollte. Immer drängender wurde die Forderung, anfällige Wagen aus dem Verkehr zu ziehen, auch, um dem langsam entstehenden neuen Anspruchsdenken der Fahrgäste zu genügen. Doch Finanzierungsschwierigkeiten – der Nachkriegswiederaufbau war aufwendig und noch lange nicht abgeschlossen – verhinderten eine rasche Lösung. Das Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bot indes Anlass für Kritik. Ein Beschluss der Bürgerschaft vom Februar 1952 bekräftigte die Notwendigkeit zum Handeln: »Der Senat wird gebeten, baldigst mit der BSAG in Verhandlungen zu treten, damit durch vermehrte Indienststellung von Wagen die besonders in der Hauptverkehrszeit feststellbaren Überfüllungen der Züge beseitigt werden.« Das wurde auf gut bremische Art erst einmal an den zuständigen Ausschuss überwiesen, aber die Sensibilität war gestärkt!
In der Lokalpresse erschien am 12. Februar 1952 ein Bericht über Vorarbeiten an einem neuen Wagentyp, wobei die Abbildung eines Modellkopfes mit der Nummer 801 gezeigt wurde. Aus finanziellen Gründen wie auch mit dem Hintergedanken, den neuen Wagentyp erst einmal zu erproben, bestand der erste Auftrag nur aus fünf Zugeinheiten. Er ging an Linke-Hofmann, denen offenbar zu diesem Zeitpunkt mehr Zutrauen entgegengebracht wurde als der heimischen Industrie. Die Ablieferung der ersten neuen Fahrzeuge verzögerte sich wegen Problemen bei der Materialbeschaffung mehrfach. Die Fahrzeuge waren von vornherein für die stark frequentierte Ost-West-Linie 2 vorgesehen. Auf der Linie 4 war ihr Einsatz wegen zu enger Radien in der Innenstadt nicht möglich. Hierfür ließ man nach Ablieferung der zweiten Großraumwagenserie einen speziellen dreiachsigen Gelenkwagen konstruieren, der mit den Radien fertig wurde. Erst in den letzten Jahren der Linie 4 sollten auch hier Großraumwagen zum Einsatz gelangen.
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